Doppelpass:"Wichtiger Beitrag zur Integration"

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SPD-Fraktionschef Oppermann wendet sich vehement gegen das Vorhaben der CDU, den Doppelpass wieder abzuschaffen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Der Konflikt um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland verschärft in der Koalition den Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies Forderungen des CDU-Politikers Norbert Röttgen scharf zurück, den Doppelpass für Einwanderer wieder abzuschaffen, weil ihre Integration unzureichend sei. "Es ist völlig unangebracht, für das derzeit schwierige Verhältnis zur türkischen Regierung die jungen Deutschtürken verantwortlich zu machen", sagte Oppermann am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Röttgen trage den innertürkischen Streit nach Deutschland und treibe "viele Türken bei uns geradewegs in die Arme von Erdoğan", sagte Oppermann. "Statt die Gräben in unserer Gesellschaft tiefer zu ziehen, sollten wir aber um stärkeren Zusammenhalt kämpfen."

Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind oder mindestens acht Jahre hier leben, müssen sich seit 2014 nicht mehr entscheiden, ob sie vom 23. Lebensjahr an den deutschen Ausweis behalten wollen oder den des Herkunftslandes der Eltern. Sie können beide Pässe behalten. Mit der Regelung will die große Koalition Zuwandererkindern Loyalitätskonflikte ersparen und ihr Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland stärken. Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte dabei bleiben. Beim CDU-Parteitag in Essen konnte sie sich aber nicht gegen einen Antrag der Jungen Union durchsetzen, dem CDU-Finanzsekretär Jens Spahn zur Mehrheit verhalf. Die CDU beschloss, den Doppelpass abzuschaffen. Sie will zum Optionsmodell zurückkehren, bei dem Einwandererkinder sich mit 23 Jahren für einen Pass entscheiden müssen.

Die SPD will die Kampagne Erdoğans nicht mit der doppelten Staatsbürgerschaft verquicken

Der Forderung nach Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft schlossen sich am Wochenende mehrere Unionspolitiker an. Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestags und 2012 als Umweltminister von Merkel entlassen, sagte dem Spiegel: "Die doppelte Staatsbürgerschaft hat sich nicht bewährt." Die Kampagne, mit der die Regierung Erdoğan derzeit für das Verfassungsreferendum in der Türkei werbe, trage zur Entfremdung in Deutschland lebender Türken bei. "Der Stand der Integration ist offenbar deutlich schwächer, als viele bisher angenommen haben." Durch die Kampagne seien die Schwächen der doppelten Staatsbürgerschaft "noch einmal deutlicher" geworden. Ähnlich sah das Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) in der Rheinischen Post. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verlangte eine "Rückkehr zum bewährten Optionsmodell".

Dem widersprach nun Oppermann. "Die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein wichtiger Beitrag zur Integration, weil sich Menschen, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind, nicht mehr gegen die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern und Großeltern entscheiden müssen", sagte er. "Außerdem hilft sie ihnen, sich mit unserem Staat, unseren Werten und unserer Demokratie zu identifizieren." Zuvor hatte der SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel es "infam" genannt, die Kampagne der türkischen Regierung mit der doppelten Staatsbürgerschaft zu verquicken. Mit der SPD sei die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft nicht zu machen. Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu nannte Röttgens Vorstoß "einfach nur schäbig".

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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