DNA-Spuren:Fahndung per Erbgut

Es bleibt immer zu bedenken: Verdächtige können unschuldig sein.

Von Ronen Steinke

Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe. Gesucht wird ein grünäugiger Eurasier. Besondere Merkmale: Er dürfte unter einer erblich bedingten Potenzstörung leiden, auf die Litschifrucht allergisch sein, und es gibt etwas, das er vielleicht selbst noch nicht von sich weiß: Hinzukommen wird wahrscheinlich recht früh eine Altersdiabetes.

Ein solcher Fahndungsaufruf wäre heute, in Zeiten der DNA-Analyse, möglich - aber eine Horrorvorstellung. Die Strafprozessordnung steht zu Recht streng im Wege. Ermittler dürfen Erbgut-Spuren, die sie an einem Tatort finden, nicht derart aufschlüsseln und für Fahndungen nutzen. Sonst stünde der Verdächtige nackt da. Es wäre eine Bloßstellung, der Mensch wäre gestraft. Am Ende kann jeder Verdächtige auch unschuldig sein.

Was der Justiz- und der Innenminister jetzt fordern, bleibt davon zum Glück auch weit entfernt. Fahnder sollen der DNA-Spur etwas Wissen entnehmen dürfen. Aber nur wenig: welche Haar- und Hautfarbe der Gesuchte hat, mit wem er verwandt ist - mehr nicht. Da geht es um nichts Geheimes, nur um Dinge, die großteils im Ausweis stehen. Dem stand schon bisher nicht die "politische Korrektheit" entgegen, wie es oft falsch heißt. Als Rot-Grün 2003 die DNA-Analyse einführte, da hatte man gegen das Entschlüsseln von offen sichtbaren Merkmalen wie Haar- und Hautfarbe ethisch nichts einzuwenden. Nur war die Technik nicht so weit.

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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