Diskussion um Nahost-Gesandten:Als Vermittler nicht vermittelbar

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Die voraussichtliche Berufung Blairs zum Nahost-Beauftragten ist keine sonderlich gute Idee, denn für viele in der arabisch-islamischen Welt ist Blair ein "moderner Kreuzritter". Es drängt sich der Verdacht auf, dass US-Präsident Bush einen Mann seiner eigenen Agenda auf einem zentralen Nahost-Posten sehen will.

Tomas Avenarius

Einmal Pudel, immer Pudel? Seinen Ruf als folgsamer Geselle von US-Präsident George W. Bush ist Großbritanniens scheidender Premierminister Tony Blair nie losgeworden; der Schmähtitel "Bushs Pudel" hat ihn während seiner langen Regierungszeit stets begleitet.

Nun soll Blair Sondervermittler für den Palästina-Konflikt werden. Und wer hat ihn ins Gespräch gebracht als Frontmann des Nahost-Quartetts, mit dem Amerikaner, Europäer, Russen und die Vereinten Nationen Frieden schaffen wollen im Nahen Osten? Es war George W. Bush.

Es wäre unfair, Blairs Nahost-Bestallung sofort abzutun, als habe Bush dem Briten einfach eine neue Arbeitsstelle verschafft. Blairs politisches Profil ist markant: Er hat langjährige Erfahrung als Regierungschef, und er hat Charisma. Blair kennt die führenden westlichen und nahöstlichen Staatsmänner ebenso gut wie die Schleichwege durch die Labyrinthe internationaler Organisationen. In Nordirland vermittelte der Brite erfolgreich in einem schwierigen, jahrzehntealten Konflikt.

Nur: Die arabische und islamische Welt verbindet mit dem Namen Blair etwas anderes. Zusammen mit Bush hat der Engländer im Irak einen Krieg vom Zaun gebrochen, der Zehn- oder Hunderttausende Iraker das Leben gekostet hat und dessen Ende nicht absehbar ist. Die von Bush und Blair vor Kriegsbeginn in die Welt gesetzten Bedrohungsszenarien durch Saddam Hussein waren unzutreffend; möglicherweise waren sie schlicht erlogen.

Auch im Libanon hat sich Blair keine Freunde gemacht. Als Israel das kleine Land im Krieg gegen die Hisbollah großflächig bombardierte, ließ Blair im Duett mit Bush den Israelis viel zu lange frei Hand.

Man muss nicht so deutlich werden wie der langjährige britische Nahost-Kenner Robert Fisk, der über Blair sagt: "Dieser eitle, doppelzüngige Mann, dieser nachweisliche Lügner, an dessen Händen das Blut Tausender Araber klebt, soll nun Nahostbeauftragter werden."

Blair, der "moderne Kreuzritter"

Unbestreitbar aber ist, dass der Name Blair in der arabisch-islamischen Welt negative Reaktionen auslöst: Für viele ist er ein "moderner Kreuzritter" wie Bush. Zumal der Brite keinen Hehl daraus macht, fest an der Seite Israels zu stehen.

Dazu hat er jedes Recht. Als Vermittler aber qualifiziert es ihn nicht. Dass Blair den Palästina-Konflikt jüngst als das zentrale Problem in Nahost erkannt hat, macht ihn auch nicht zum Wunderdiplomaten: Diese Einsicht hatten andere vor ihm.

Seine Berufung ist also nicht zwingend. Es gibt genug andere geeignete Staatsmänner: westliche, nahöstliche, asiatische. Der Verdacht drängt sich auf, dass US-Präsident Bush einen Mann seiner eigenen Agenda auf einem zentralen Nahost-Posten sehen will.

2008 endet die Amtszeit von Bush: Man darf gespannt sein, welcher Job ihm selber dann angetragen wird. Nach der Logik der Blair-Bestallung könnte Bush dann seinen britischen Freund beerben.

© SZ vom 27.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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