Diesel-Autos:Union gegen Fahrverbote in Großstädten

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SPD-Umweltministerin Hendricks will die Stickstoffdioxid-Belastung in den Zentren drosseln, doch CDU und CSU bremsen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Fahrverbote für Dieselautos in Innenstädten wird es voraussichtlich vorerst nicht geben. Den Vorstoß von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), es vor allem Großstädten leichter zu ermöglichen, bei heiklen Wetterlagen Dieselfahrzeuge aus den Zentren fernzuhalten, lehnen CDU/CSU im Bundestag ab. Auch aus dem Bundesverkehrsministerium dürfte Widerstand kommen.

Der Entwurf für eine Verordnung, den Hendricks am Wochenende vorgelegt hatte, gibt Kommunen drei Möglichkeiten, die Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid-Abgasen zu verringern: Sie lassen nur noch Fahrzeuge mit ausreichend umweltfreundlichen Diesel- oder Benzinmotoren in Verbotszonen fahren. Gesteuert wird dies über Plaketten. Weiter könnten Städte und Gemeinden die Zufahrt zu bestimmten Straßen für alle Dieselwagen sperren oder nur noch neueren Modellen erlauben. Außerdem wäre es dann möglich, an geraden Datumstagen nur Autos mit geraden Kfz-Endziffern und an ungeraden Tagen Autos mit ungeraden Ziffern in die Innenstädte fahren zu lassen.

Stickstoffdioxid gilt laut Umweltministerium als "gesundheitsschädlich, weil es die Atemwege reizt und zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann". Mit ihrem Vorstoß folge sie dem Wunsch vieler Städte und aller Landesumweltminister, sagte Hendricks. Außerdem will das Ministerium damit für mehr Rechtssicherheit sorgen, da über die Zulässigkeit von Fahrverboten derzeit vor Gericht gestritten wird. Deutschland steht in der EU wegen der schlechten Luft in den Städten seit Jahren unter Druck. 2015 war der zugelassene Grenzwert für Stickstoffdioxid in 80 Städten bei etwa 60 Prozent der Luftmessstellen an durch Emissionen besonders belasteten Straßen überschritten. Der Grenzwert ist jedoch nach Europarecht seit 2010 zwingend einzuhalten. Die Kommission leitete deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik ein.

In der CDU/CSU-Fraktion hält man jedoch nichts davon, den Spielraum für Fahrverbote zu erweitern. "Millionen Berufstätige sind tagtäglich auf ihr Auto angewiesen, Güter müssen von A nach B gebracht werden, und für Lieferanten, Handwerksbetriebe und Mittelständler ist das Auto Erwerbsgrundlage", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Union, Ulrich Lange.

Hendricks ist bei ihrem Vorstoß auf die Zustimmung des Bundesrats und auf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angewiesen. Dieser hatte jedoch bereits darauf verwiesen, dass Kommunen oder Länder schon jetzt Einfahrverbote für bestimmte Fahrzeugtypen erlassen könnten. Dobrindt ist dagegen, "Fahrzeuge, die ein-, zwei-, dreimal im Monat in die Stadt fahren, auszusperren". Stattdessen sollten vor allem Busse, Taxis und Lieferfahrzeuge, die sich ständig in Innenzentren aufhalten, verstärkt auf Elektromotoren umgestellt werden. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sprach sich hingegen für schnelle Fahrverbote aus: "Die Gesundheit der Menschen muss Vorrang haben, die Stickoxidwerte in den Städten müssen herunter."

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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