Die Wahl in Ruanda:"Ruhig und geordnet"

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Neun Jahre nach dem Völkermord haben Hutu und Tutsi heute ein neues gemeinsames Staatsoberhaupt gewählt. Die Abstimmung verlief nach Angaben von Wahlbeobachtern ohne große Zwischenfälle. Ein Ergebnis gibt es voraussichtlich morgen.

Vier Millionen Ruander waren aufgerufen, zwischen Amtsinhaber Paul Kagame und mehreren Mitbewerbern zu entscheiden. Der zur Minderheitengruppe der Tutsi zählende Kagame ging als Favorit in die Wahl, deren vorläufiges Endergebnis am Dienstag bekannt gegeben werden sollte. Es ist die erste Präsidentenwahl seit der Unabhängigkeit von Belgien 1962.

Amtsinhaber verwahrt sich gegen Manipulationsvorwürfe

Bei der Stimmabgabe am Morgen in Kigali verwahrte sich Kagame gegen Manipulationsvorwürfe. Wer derartige Anschuldigungen erhebe, müsse Beweise vorlegen, sagte der Präsident.

Die Opposition und Menschenrechtsorganisationen hatten Kagame vorgeworfen, im Wahlkampf das Lager um Twagiramungu eingeschüchtert zu haben. Einen Tag vor der Wahl waren zwölf Oppositionelle festgenommen worden.

Kagames wichtigster Gegenkandidat Faustin Twagiramungu kündigte an, das Ergebnis der Wahl zu akzeptieren, sollte sie "transparent" verlaufen. "Man muss das Urteil der Wähler akzeptieren, weil das Ziel die Stärkung der Demokratie ist", sagte der frühere Ministerpräsident, der sich im Wahlkampf als gemäßigter Vertreter der Mehrheitsgruppe der Hutu präsentiert hatte.

Wahlbeobachter: keine Zwischenfälle, keine Beschwerden

EU-Beobachterin Flesch sagte wenige Stunden nach Öffnung der Wahllokale, ihr lägen keine Informationen über Zwischenfälle vor, es seien keine Beschwerden bei ihr eingegangen. Etwa 70 ausländische Wahlbeobachter observierten den Urnengang.

Kagame wertete die Abstimmung als Zeichen für das Ende der ethnischen Spannungen in dem Kleinstaat von der Größe Brandenburgs: "Die Volksgruppenzugehörigkeit ist dabei, eine Vorstellung aus der Vergangenheit zu werden."

Kagame versucht, die Volksgruppen zu einen

Nach Jahrzehnten blutiger Auseinandersetzungen zwischen Hutu und Tutsi, die im Völkermord von 1994 gipfelten, hatte Kagames Regierung die Volksgruppenzugehörigkeit der neun Millionen Ruander aus allen amtlichen Aufzeichnungen tilgen lassen.

Kagame hatte 1994 mit seiner Tutsi-Rebellengruppe FPR der Hutu-Regierung in Kigali die Macht entrissen und den Völkermord beendet. Im Jahr 2000 ließ er sich vom Parlament zum Präsidenten ernennen.

Bei dem schlimmsten Massaker in der jüngeren afrikanischen Geschichte waren 1994 innerhalb weniger Wochen nach UN-Schätzungen bis zu eine Million Tutsi und moderate Hutu ermordet worden.

Ruanda zählt mit einem jährlichen Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt von 220 Dollar nach Weltbank-Berechnungen zu den ärmsten Ländern der Erde. Vor dem Völkermord zählten etwa 85 Prozent der Ruander zu den Hutu, 15 Prozent waren Tutsi.

(sueddeutsche.de/AFP)

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