Die Linke:Pikanter Werbeartikel

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Die Globalisierung führe zu Elend, schimpft Linksparteichef Lafontaine gerne - beim Verkauf von Partei-T-Shirts aus dem Niedriglohnland Bangladesh nimmt die Linke dieses Credo aber offenbar nicht so genau.

Daniel Brössler

Von Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine stammt der Satz: "Die jetzige Form der Globalisierung führt zu großem Leid und großem Elend." Solidarität mit den Entrechteten der Welt ist für seine Linken eine Selbstverständlichkeit. "Wir wollen globale Gerechtigkeit", postulierten sie in einem Beschluss auf ihrem Cottbuser Parteitag am vergangenen Wochenende.

8,50 Euro kosten die Parteihemden der Linken - hergestellt werden sie im Niedriglohnland Bangladesh (Foto: Screenshot: Die Linke)

Der Jura-Student Xaver Glass aus Frankfurt am Main wollte es genauer wissen. Nach einer Mensa-Debatte über die Ehrlichkeit der Parteien beim Thema Globalisierung bestellte er im Online-Shop der Linkspartei das Produkt P000097 zum erschwinglichen Preis von 8,50 Euro. Es handelt sich um ein rotes T-Shirt mit dem dezenten weißen Schriftzug "Die Linke."

Als das Päckchen in Frankfurt eintraf, bestätigte sich der Verdacht des Studenten. Unter diversen Pflegehinweisen ist dem Etikett des T-Shirts zu entnehmen: Made in Bangladesh. "Besonders zynisch" findet das der Frankfurter Student. Die Linkspartei fordere höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und höhere Steuern, um ihr Sozialprogramm zu finanzieren. "Wenn es aber um den eigenen Profit geht, wird die Linke plötzlich zum Kapitalisten", kritisiert der 23-jährige Glass.

Die Herkunft der Parteihemden aus Bangladesch ist pikant, denn gerade dort gelten die Arbeitsbedingungen als besonders miserabel. Im Sommer 2006 kam es aus Protest gegen einen Mindestlohn von umgerechnet elf Euro im Monat sogar zu Unruhen. Mehrere Textilfabriken gingen in Flammen auf.

"Bangladesch ist ein schreckliches Beispiel", sagt Jörg Köther, Sprecher der für die Textilbranche zuständigen Gewerkschaft IGMetall, "die Verhältnisse dort sind zum Teil haarsträubend". Es herrschten unmenschliche Arbeitsbedingungen. Zudem würden die Gewerkschaften unterdrückt. Die IG Metall unterstützt eine Kampagne für "saubere Kleidung", die aufmerksam machen soll auf die auch von der Linkspartei kritisierten Produktionsverlagerungen in Billiglohnländer.

Als "sauber" wird von den Initiatoren jene Kleidung angesehen, die nicht durch Kinder- oder Zwangsarbeit hergestellt wurde und bei deren Produktion soziale Mindeststandards eingehalten werden. "Auch jeder, der Werbemittel vertreibt, sollte offene Augen hierfür haben", mahnt IG-Metall-Sprecher Köther.

Keiner Schuld bewusst

Bei der Linkspartei ist man sich indes keiner Schuld bewusst und verweist auf Beteuerungen der mit der Herstellung der Werbemittel beauftragten Berliner Firma MediaService GmbH. Die reicht, ganz im Sinne der Globalisierung, den schwarzen Peter weiter. Die T-Shirts seien bei der Firma Adler in Tschechien bestellt worden, erklärt das Unternehmen.

"Für uns standen dabei Fragen der umweltgerechten Produktion und der Verhinderung des Missbrauchs von Lohndumping und Kinderarbeit bei der Ausgestaltung unserer Kooperationsbeziehung immer an vorderster Stelle", heißt es in einer Mitteilung. Die tschechische Firma Adler wiederum garantiert den "sehr geehrten Geschäftsfreunden" in ihrem Katalog, "dass bei der Warenproduktion keine Kinderarbeit missbraucht wurde". Extrem günstige Preise garantiert Adler seinen Kunden allerdings auch.

Unbedruckte T-Shirts von der im Linken-Shop vertriebenen Art werden im Internet für 2,07 Euro angeboten. Für ein T-Shirt aus deutscher Herstellung sind hingegen 18 Euro zu bezahlen. Für nur zwei Euro mehr gibt es im Online-Shop der Linken ein Buch zu kaufen. Es trägt den Titel "Eine andere Welt" und enthält Aufsätze zur globalen Gerechtigkeit.

© SZ vom 31.05.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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