Deutschlandbesuch:Dalai Lama lobt Merkel als "sehr couragiert"

Lesezeit: 3 min

Nach seiner Ankunft in Deutschland hat der Dalai Lama eine "echte" Autonomie für Tibet gefordert. Der Geistliche zeigte Verständnis dafür, dass weder Bundespräsident Köhler, noch Außenminister Steinmeier sich Zeit für ein Treffen nehmen.

Zu Beginn seines Deutschlandsbesuchs hat der Dalai Lama die Einführung eines Autonomiestatus für Tibet gefordert. "Wir suchen keine Unabhängigkeit", sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter nach einem Treffen mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch in Frankfurt am Main.

Tibet habe aber ein einmaliges kulturelles Erbe und eine reiche buddhistische Tradition. Daher brauche das Land "echte Autonomie".

Der Dalai Lama sagte, die chinesische Führung habe seit Ende der fünfziger Jahre den Sonderstatus von Tibet in Frage gestellt. Dies sei die Ursache für die wiederkehrenden Krisen und Demonstrationen in Tibet.

Mit Blick auf die Gespräche zwischen Exiltibetern und der chinesischen Führung sagte der Dalai Lama, eine konstruktive Verständigung sei möglich. Allerdings fehle es bislang noch an Vertrauen. Er äußerte sich sehr betroffen über das verheerende Erdbeben in China. Man werde für die Opfer beten, sagte er.

"Keine Unannehmlichkeiten bereiten"

Zum Auftakt seines Besuches äußerte der Dalai Lama Verständnis für die in Deutschland zum Teil heftig kritisierte Tatsache, dass er weder von Bundespräsident Horst Köhler noch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) empfangen wird.

Sein Besuch sei diesmal "zu allererst nicht politischer Natur", sagte das im Exil lebende religiöse Oberhaupt der Tibeter Bild.de. Er wolle bei seinen Besuchen "keine Unannehmlichkeiten bereiten". Deshalb habe er Verständnis für diejenigen, die bei einem Treffen "Unannehmlichkeiten befürchten". Dies sei "kein Problem" für ihn.

Steinmeier und Köhler hatten terminliche Gründe geltend gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann den Dalai Lama bei seinem bis Montag dauernden Besuch nicht empfangen, weil sie in Lateinamerika ist. Der Dalai Lama lobte Merkels Haltung in der Tibet-Frage.

Es sei "sehr couragiert" von ihr gewesen, ihn im vergangenen September im Kanzleramt zu empfangen, sagte er. Er habe zur Kenntnis genommen, dass sich für die Kanzlerin "danach einige Komplikationen" ergeben hätten. "Das tut mir leid", sagte der 72-Jährige.

Viel wichtiger als Begegnungen mit Regierungen sei für ihn, ein "öffentliches Forum" zu finden, um "für menschliche Werte zu werben". Besonders in Deutschland zeigten die Menschen "wahrhaftige Sympathie" für die Tibeter. Es gehe dabei nicht um eine anti-chinesische Haltung. "Ihr seid nicht pro Tibet - ihr seid für Gerechtigkeit", erklärte er.

Das geplante Treffen von Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) mit dem Dalai Lama stößt unterdessen in ihrer eigenen Partei auf Kritik. "Wenn ich die Ministerin wäre, würde ich mich nicht mit dem Dalai Lama treffen", sagte SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Wir haben eine China-Politik des Außenministers, die sich an langen Linien orientiert und die Stabilität Chinas im Auge hat." Verteidigungsexperte Jörn Thießen sagte der Zeitung, er halte das Treffen für "einen schweren Fehler der deutschen Außenpolitik".

"Spiele als Chance für China"

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lobte hingegen die Entwicklungsministerin wegen ihres geplanten Treffens mit dem Dalai Lama. "Wenigstens eine Frau steht in der SPD ihren Mann."

Über die Reaktion in der SPD könne er nur den Kopf schütteln. Anstatt die eigene Ministerin anzuprangern, sollte die SPD ihre Menschenrechtspolitik überprüfen, ließ Pofalla in Berlin mitteilen. "Gute Beziehungen zu China und ein Dialog über Menschenrechte sind kein Widerspruch."

Der hessische Ministerpräsident Koch sagte nach dem Treffen mit dem Dalai Lama, die Situation für Tibet und den Dalai Lama sei derzeit "sehr schwierig". Dies gelte aber auch für die Chinesen nach dem verheerenden Erdbeben.

Koch sagte weiter, es sei ein wichtiges Zeichen, dass die chinesische Regierung den Gesprächen mit den Exiltibetern einen offiziellen Charakter gegeben habe. Die religiösen und kulturellen Rechte der Tibeter müssten geachtet werden, forderte Koch. Probleme, die sich über Jahrzehnte aufgebaut hätten, ließen sich zwar nicht in vier Wochen lösen.

Allerdings sei es erforderlich, dass die Gespräche nicht als reine "Schaufensterveranstaltung" mit Blick auf die Olympischen Spiele geführt würden. Die Spiele in Peking seien eine Chance für China, sich zu öffnen.

Der Dalai Lama war von der "Tibet Initiative Deutschland" eingeladen worden. Deren Vorsitzender Wolfgang Grader forderte die Bundesregierung in einem RBB-Interview auf, bei der chinesischen Führung stärker auf eine friedliche Lösung der Tibet-Frage zu dringen. Man erwarte, dass sich die Regierung "aktiv beteiligt, dass der Tibet-Konflikt friedlich beendet werden kann".

Deutschland solle "nicht nur auf stillem diplomatischen Wege, sondern auch offen Druck auf die chinesische Regierung" ausüben und Peking auffordern, die Probleme zu lösen.

Im Laufe des Tages trifft der Religionsführer in Bochum NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Am Freitag sind öffentliche Auftritte des Dalai Lama in Bochum und Wattenscheid geplant.

© AP/dpa/gal/bosw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: