Deutsche Stiftungen in der Türkei:Alles gut bei euch?

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Das Auswärtige Amt sorgt sich um die Mitarbeiter deutscher Stiftungen in der Türkei. Die Büros können bislang trotz der Krise weiterarbeiten.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Krise in der Türkei löst in der Bundesregierung nicht nur mehr und mehr Angst vor einem Abdriften des Landes in eine harsche Autokratie aus. Sie lässt in Berlin auch die Sorge um jene wachsen, die sich im Namen deutscher Stiftungen und Organisationen in der Türkei für Demokratie, Menschenrechte und eine anständige Betreuung der drei Millionen Flüchtlinge einsetzen. Aus diesem Grund tagte am Donnerstag im Auswärtigen Amt der Krisenstab, der sich immer dann trifft, wenn in einem Land die Spannungen gefährlich wachsen. Dieses Mal musste er sich mit der Lage in der Türkei befassen. Zur Vorbereitung hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei allen in der Türkei tätigen Organisationen einen Rundruf gestartet. Es wollte aus erster Hand erfahren, wie es um Entsandte und Mitarbeiter bestellt ist. Wie geht es? Ist jemand persönlich betroffen? Könnt ihr eure Arbeit fortsetzen? Man will auf der Hut sein, sollte sich die Lage verschärfen; und man will vorbereitet sein auf alle Eventualitäten.

Im Nachhinein wird der Rundruf als "reine Routine" beschrieben. So etwas geschehe immer, wenn in einer Region oder einem Land Spannungen aufträten, heißt es bei der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Aus diesem Grund trat das Auswärtige Amt am Freitag auch allen Gerüchten entgegen, man entwerfe bereits Notfallpläne, bereite gar die Evakuierung deutscher Mitarbeiter der Stiftungen vor. Auch ein "Krisentreffen" mit Stiftungsvertretern habe es nicht gegeben, heißt es.

Deutsche Stiftungen unterhalten Büros in Istanbul und Ankara, die Mitarbeiter beobachten die Lage - im Bild eine Szene aus Istanbul - sehr genau. (Foto: Kursat Bayhan/Getty)

Nichtsdestotrotz zeigt die Initiative, dass die Regierung sorgenvoll auf die Lage schaut und deshalb sehr präzise wissen möchte, wie es den Stiftungen und ihren Mitarbeitern geht. Allerdings verzichten fürs Erste sowohl die Bundesregierung als auch die Stiftungen auf Alarmismus. "Erst mal können wir unsere Arbeit fortsetzen", sagt Michael Alvarez-Kalverkamp von der Böll-Stiftung. Natürlich sei es in den Sommerwochen immer ruhiger rund um die Istanbuler Vertretung. Es gebe aktuell deshalb ohnehin kaum Veranstaltungen, die von der Vertretung organisiert würden. Trotzdem seien die sieben Mitarbeiter natürlich wachsam und würden derzeit täglich Berichte in die Zentrale nach Berlin schicken, wie sie die Lage im Land einschätzen. Vollkommen offen ist für alle politischen Stiftungen zudem die Frage, wie es nach dem Sommer mit ihren bisherigen Partnern und ihren Veranstaltungen weitergehen wird. "Darüber können wir aktuell schlicht kein verlässliches Urteil abgeben", sagte Alvarez-Kalverkamp am Freitag. Fürs Erste gelte deshalb der Wille, nichts einzuschränken und nicht aufzugeben. Im Gegenteil: Jetzt zu gehen, sei genau das Gegenteil dessen, was die Türkei eigentlich brauche.

Das Goethe-Institut hat Sommerkurse für Jugendliche gestrichen

Kaum anders klingt die Lageeinschätzung bei der Adenauer-Stiftung. Sie hat sieben Mitarbeiter in ihrer Vertretung in Ankara und dazu noch ein kleines Außenbüro in Istanbul. Bislang gebe es von dort keine Berichte, dass eigene Mitarbeiter von den Ereignissen persönlich betroffen seien. Auch eine harte Einschränkung der eigenen Arbeit könne man wenige Tage nach dem abgewehrten Putschversuch und den rigiden Gegenmaßnahmen noch nicht ausmachen, sagte am Freitag eine Sprecherin der Stiftung.

Anders verhält es sich offenbar für zwei türkische Wissenschaftler, die mit einem Stipendium der Stiftung in Deutschland forschen wollten. Ihnen wurde ganz aktuell die Ausreise verboten. Der Vorsitzende der Stiftung, Hans-Gert Pöttering, sagte deshalb der Neuen Osnabrücker Zeitung, er sei "nicht besonders zuversichtlich, was die weiteren Perspektiven" betreffe.

Das Goethe-Institut sieht es ähnlich und hat erste Konsequenzen gezogen. Nach einem Bericht der evangelischen Presseagentur hat es seine Sommerkurse in der Türkei gestrichen und sein Engagement eingeschränkt. Der Regionalleiter Südosteuropa meinte, man halte die Lage im Moment "einfach nicht für berechenbar". Eine Sicht, die alle teilen dürften.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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