Der Zeuge Boock:Dreiteilung der Wahrheit

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Der Spiegel will die Wahrheit über den Mord an Generalbundesanwalt Buback aufgedeckt haben. Doch Peter-Jürgen Boock ist für die Wahrheit kein idealer Zeuge. Er hat zu oft schon gelogen.

Hans Leyendecker

Der Zeuge Peter-Jürgen Boock, Jahrgang 1951, ist kein idealer Zeuge. Er hat in RAF-Prozessen gelogen, er hat seine Anwälte, Richter, Strafverfolger und auch die Öffentlichkeit - früher jedenfalls - genasführt. Er hat auch Menschen belogen, die sich für ihn einsetzten.

Peter-Jürgen Book: Kein guter Zeuge (Foto: Foto: dpa)

Der Ex-Terrorist hatte in den achtziger Jahren vor Gericht beteuert, niemals dabei gewesen zu sein, wenn ein Mensch ermordet wurde, und er hat dann, vor fünfzehn Jahren, in einem sehr umfangreichen Geständnis eingeräumt, doch dabei gewesen zu sein. Er ist wegen der Beteiligung an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto und der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer verurteilt worden und 1998, nach siebzehn Jahren Gefängnis, aus der Haft freigekommen.

Die Wahrheit kam bei ihm häufiger im Plural vor, und die einstigen Mitkämpfer haben ihn deshalb verspottet: ,,Ich habe keine Lust, die jeweils neueste Variante von Boock zu kommentieren'', hat der frühere Terrorist Stefan Wisniewski im Oktober 1997 in einem langen taz-Interview gesagt, das in der Haft geführt wurde. Boock tapse ,,wie ein Tanzbär durch die Talkshows''.

In seinem letzten Prozess, im Frühjahr 1992, hatte Boock vor dem 5. Strafsenat des Stuttgarter Oberlandesgerichts die Wirklichkeit der RAF so beschrieben: ,,Ich habe an mir selbst erlebt, wie schwer es ist, sich von dieser Dreiteilung der Wahrheit wie sie in der Gruppe herrschte - innere, interne und äußere Wahrheit - zu lösen.''

Kennt Boock die volle Wahrheit? Auf die Frage des Spiegel, ob er Michael Buback, dem Sohn des 1977 von der RAF ermordeten Bundesanwalts in einem Telefonat verraten habe, wer dessen Vater erschossen habe, antwortet Boock mit einem klaren ,,Ja''. Dann fügt er aber an, dass ,,nach meinem Wissen'' die damaligen Terroristen Günter Sonnenberg und Stefan Wisniewski zum ,,Kommando'' gehört hätten. Sonnenberg habe ,,Ortskenntnisse'' gehabt und sei ,,Motorradfahrer'' gewesen.

Wisniewski habe ,,die militärische Ausbildung an den entsprechenden Waffen gehabt''. Nachfrage des Spiegel: Also ,,ist logisch, wer geschossen hat''? Boock: ,,Ja.'' - Das erinnert ein wenig an den alten Abzählreim ,,Eene meene muh, und raus bist du''.

© SZ vom 23.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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