Debatte um Rau-Nachfolge:Eine Präsidentin für Deutschland?

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Nach der Verzichtserklärung von Johannes Rau hat eine intensive Debatte um seinen Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten begonnen. Es könnte natürlich auch eine Nachfolgerin sein: Nach SPD-Generalsekretär Scholz und Grünen-Chefin Beer hat sich auch Bundeskanzler Schröder dafür ausgesprochen, das Amt diesmal mit einer Frau zu besetzen.

Am Rande seines Besuchs in Prag stimmte SPD-Chef Schröder dem Vorschlag seines Generalsekretärs Olaf Scholz ausdrücklich zu. Er hoffe, dass "es vielleicht einmal gelingen könnte", dass die Bundesversammlung über eine parteiunabhängige Frau abstimmt, die von allen gewählt werden könne.

Prost Johannes: Präsident Rau mit Ehefrau Christina. (Foto: Foto: dpa)

In allen Parteien gebe es Kandidatinnen, die alle Anforderungen erfüllten, hatte Scholz zuvor erklärt. "Ich glaube, dass nach so vielen Präsidenten, die Deutschland als demokratischer Staat hatte, es jetzt endlich an der Zeit ist, dass eine Frau Präsidentin unseres Landes wird." Es wäre ziemlich peinlich, wenn man diesmal vor dieser Aufgabe versagen würde, betonte der SPD-Politiker.

Grünen-Chefin Angelika Beer sagte am Rande der Grünen-Klausur im bayerischen Miesbach: "Es hätte absoluten Charme für die Bundesrepublik, eine Frau an die Spitze zu setzen." Zurückhaltender äußerte sich die Fraktionsvorsitzende Krista Sager: "Eine Frau wäre mal dran", doch hänge dies letztlich von den Personen ab.

Als geeignete Kandidatin gilt in Regierungskreisen die frühere Bundesverfassungsrichterin Jutta Limbach.

Eine weitere mögliche Kandidatin, Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD), schloss eine eigene Kandidatur definitiv aus. Sie wünsche sich jedoch eine Frau als Nachfolgerin Raus, sagte sie.

Bei der SPD war zuletzt auch der Bremer Bürgermeister Henning Scherf im Gespräch für das Präsidentenamt.

Die meisten Mitglieder in der Bundesversammlung, die den Präsidenten wählt, stellt die Union. Und die meldete ihren Anspruch bereits an, für das höchste Staatsamt einen eigenen Personalvorschlag zu unterbreiten. CDU-Chefin Angela Merkel unterstrich, die Union werde einen eigenen Kandidaten zu gegebener Zeit bekannt geben. Eine eigene Kandidatur hatte Merkel bereits abgelehnt.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) schloss eine eigene Kandidatur ebenfalls aus. Sein Sprecher sagte der Zeitung Die Welt, die Union werde zum Ende des Jahres oder Anfang 2004 einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominieren und sich dabei eng mit der FDP abstimmen.

Der bayerische CSU-Fraktionschef Alois Glück forderte die Union in München zu einer besonnenen Nachfolgedebatte auf. Als mögliche Kandidaten der Union wurden jüngst der frühere Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel und der baden-württembergische Regierungschef Erwin Teufel genannt.

Auch Ex-CDU-Chef Wolfgang Schäuble, der frühere Umweltminister Klaus Töpfer, der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof sind für die Union im Gespräch.

In der Bundesversammlung, die den nächsten Bundespräsidenten am 23. Mai 2004 wählt, kommt die entscheidende Rolle der FDP zu. Denn: weder Rot-Grün noch die Union haben eine ausreichende Mehrheit.

FDP-Chef Guido Westerwelle legte sich in einer ersten Reaktion nicht auf einen Kandidaten fest. Er versicherte, dass die Liberalen mit ihrer Schlüsselstellung in der Bundesversammlung "klug und verantwortungsbewusst" umgehen würden.

Rau hatte am Donnerstagabend zehn Monate vor Ende seiner Amtszeit auf einem Sommerfest im Schloss Bellevue überraschend erklärt, dass er für das Amt des Bundespräsidenten nicht noch einmal kandidiere. Damit beendete der 72-Jährige die monatelangen Spekulationen über seine politische Zukunft. Als Grund nannte er seine Lebensplanung. Alle Parteien zollten ihm Respekt für seinen Entschluss.

(sueddeutsche.de/dpa)

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