Debatte um prügelnde Jugendliche:Zypries: Erziehungscamps verstoßen gegen die Menschenrechte

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Der Streit um eine Verschärfung des Jugenstrafrechts geht weiter: Jetzt hat Bundesjustizministerin Zypries (SPD) den Drill krimineller Jugendlicher in Erziehungscamps klar abgelehnt. Mehrere Unionspolitiker begrüßen hingegen den Vorstoß ihres Fraktionschefs Kauder.

Im Streit um ein schärferes Jugendstrafrecht lehnt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) Erziehungscamps für kriminelle Jugendliche und einen zusätzlichen Arrest zur Abschreckung ab. Lager, in denen Jugendliche gedemütigt und gedrillt werden, seien "schon wegen des Verstoßes gegen die Menschenrechte" abzulehnen, sagte Zypries der dpa.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hält nichts von Erziehungscamps (Foto: Foto: AP)

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte zuvor für besonders schwere Fälle geschlossene Erziehungscamps "mit therapeutischem Gesamtkonzept" gefordert.

Zypries sprach sich erneut gegen den unter anderem von Kauder vorgeschlagenen "Warnschussarrest" aus, der zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe verhängt werden könnte. "Die Statistik belegt, dass Jugendliche, die in Haft beziehungsweise Jugendarrest waren, eine höhere Rückfallquote aufweisen als diejenigen, die mit anderen Sanktionen bestraft werden", sagte die Ministerin. Sie würden dadurch nur noch krimineller.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, er fordere bereits seit vier Jahren den Warnschussarrest: "Dadurch wird dem Jugendlichen der Ernst der Lage spürbar vor Augen geführt."

Unterstützung erhielt Zypries vom renommierten Kriminologen Christian Pfeiffer. In der in Hannover erscheinenden Neuen Presse nannte er Erziehungscamps und härtere Strafen "teure Illusionen mit hohen Rückfallquoten". Stattdessen mahnte Pfeiffer Versäumnisse im Bildungssektor an.

"Wir sind leider Europameister im der Vernachlässigung der Bildungschancen von Migranten." Mehr als jeder Fünfte der jungen männlichen Ausländer würde die Schule ohne Abschluss und Zukunftschancen verlassen; diese Gruppe sei daher mehr als doppelt so oft wie ihre deutschen Altersgenossen gewalttätig. "Wir sollten nicht in neue Gefängnisse investieren, sondern in bessere Schulen", betonte Pfeiffer.

Für Erziehungscamps sprach sich der innenpolitische Sprecher der Union, Hans-Peter Uhl, aus. "Wenn wir ausländische Serientäter nicht abschieben können, müssen wir ihre kriminellen Karrieren unterbrechen - noch bevor ein Mord begangen wird. Eine geschlossene Erziehungsanstalt ist dafür die einzige Lösung", sagte der CSU- Politiker der Bild. Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, forderte in der Zeitung ein konsequenteres Durchgreifen gegen jugendliche Straftäter: "Die Richter müssen den vorhandenen Strafrahmen ausschöpfen, konsequenter urteilen, am besten nach Erwachsenenstrafrecht."

Anlass für die Debatte war der brutale Überfall zweier ausländischer Jugendlicher auf einen Rentner vor zehn Tagen in der Münchner U-Bahn. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) griff daraufhin das Thema im Landtagswahlkampf auf und wurde dafür von SPD, Grünen, FDP und Linke heftig kritisiert.

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, nannte Kochs Vorpreschen "puren Populismus und politische Brandstiftung". Die beiden Täter in München müssten allerdings "mit der Härte des Gesetzes" bestraft werden.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), warf der SPD wiederum vor, sie verhindere eine Gesetzesänderung zur Abschiebung von schwerstkriminellen Jugendlichen.

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