Debatte:Reden über einen Satz

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Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, findet Bundesinnenminister Horst Seehofer - Antworten lassen nicht lange auf sich warten: Was Parteikollegen und Politiker von SPD und CDU zu Seehofers Meinung sagen.

"Wir bleiben ein liberales und weltoffenes Land, auch mit Bundesinnenminister Horst Seehofer." Sagte Horst Seehofer (CSU) am Wochenende, das geprägt war von zahllosen Wortmeldungen zum Thema Islam und Deutschland. Ein Thema, das Horst Seehofer selbst in die Welt gesetzt hatte mit einem Interview am Freitag in der Bild-Zeitung ("Der Islam gehört nicht zu Deutschland") und das er am Sonntag mit einem weiteren Interview noch vertiefte. "Dass Deutschland geschichtlich und kulturell christlich-jüdisch und nicht islamisch geprägt ist, kann doch niemand ernsthaft bestreiten", sagte Seehofer der Welt am Sonntag - und warb für mehr Gelassenheit in der Debatte. Wer sagt dazu was? Ein Überblick.

Ja zu Seehofers Aussagen:

Unterstützung erhält der CSU-Chef vor allem aus seiner politischen Heimat. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte im SWR, Muslime, "die hier leben und integriert sind", gehörten zu Deutschland, der Islam dagegen nicht. Der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder stellte sich ebenfalls hinter Seehofer und sagte dem Bayerischen Rundfunk, jemand, der nach Deutschland komme, solle alle Startchancen erhalten, "aber er muss sich letztlich an unsere Werte, Sitten, Gebräuche anpassen und nicht umgekehrt". Die christliche Prägung beziehe sich nicht auf eine reine Religionsausübung, in der natürlich die Religionsfreiheit gelte, sondern auf den Kalender, Traditionen und Bräuche. Man beginne die Debatte aus dem Grund, weil man merke, dass man bereits beginnende Parallelgesellschaften in einigen Städten Deutschlands habe. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte: "Diese Debatte darf jetzt nicht unterdrückt werden, sondern wir müssen sie endlich einmal zu Ende führen." Die "überwältigende Mehrheit der Menschen denkt so, wie Horst Seehofer das gesagt hat. Wenn die demokratischen Parteien diesen Menschen keine Stimme geben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie sich andere Vertreter suchen", sagte der Fraktionschef der CSU im Landtag, Thomas Kreuzer.

Zentralmoschee Köln-Ehrenfeld Blick auf die unfertige Moschee der Ditib in Köln-Ehrenfeld, im Hintergrund ist der Dom zu sehen. (Foto: Thilo Schmülgen)

Widerspruch in der Union:

In der Rheinischen Post betonte die Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU): "Solche Sätze bringen uns nicht weiter. Sie liefern keinen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen, vor denen wir stehen." Ein Innenminister müsse das Land zusammenhalten "und nicht spalten", twitterte am Wochenende der Unionsobmann für Außenpolitik, Roderich Kiesewetter (CDU). Die nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Natürlich gibt es Tendenzen im Islam, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, aber dann erfordert dies auch eine Differenzierung zu sagen: Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland, aber der Islam, an den die 4,5 Millionen Menschen in unserem Land glauben, die gehören natürlich mit ihrem Glauben dazu." Bereits am Freitag hatte Kanzlerin Angela Merkel ihrem Innenminister widersprochen: In Deutschland lebten mehr als vier Millionen Muslime. "Diese Muslime gehören auch zu Deutschland, und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschland, also auch der Islam."

Widerspruch beim Koalitionspartner:

"Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt", sagte Fraktionschefin Andrea Nahles (SPD) der R hein-Neckar-Zeitung. Der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wir müssen über Arbeit und Bildung sprechen und über Regeln für unser Zusammenleben." Die Debatte, die Seehofer fortsetze, diene keinem inhaltlichen Zweck, sondern bediene nur eine bestimmte Stimmung vor der Landtagswahl im Herbst in Bayern.

Seehofers Rat an die Genossen: Statt sich an einzelnen Sätzen abzuarbeiten, sollte die SPD mithelfen, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken.

© SZ vom 19.03.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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