Das Recht der Ärzte:Theorie und Praxis

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Einen Termin gibt es erst in sechs Wochen und bezahlt wird bar - was Mediziner ihren Patienten abverlangen dürfen und was nicht.

Guido Bohsem

Seit Anfang des Jahres machen viele Patienten bei ihrem Arzt schlechte Erfahrungen. Sie stehen vor geschlossenen Praxen, erhalten keine Termine und werden aufgefordert, die Behandlung bar zu bezahlen. Ein Mediziner machte sogar von sich reden, weil er von Kassenpatienten Eintrittsgeld verlangte. Tausende haben sich bereits bei den Kassen und im Gesundheitsministerium beschwert.

Sie ist für viele Betroffene die Schuldige: Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). (Foto: Foto: AP)

Das Gesundheitssystem im Ausnahmezustand. Grund für die Wut der Ärzte sind die geänderten Regeln, nach denen sie ihr Honorar erhalten. Für einzelne Gruppen führt das zu deutlichen Umsatzeinbußen. Ärztefunktionäre beschreiben die Stimmung als explosiv - dies dürfe aber nicht dazu führen , dass gesetzeswidrige Mittel angewandt werden.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die Kassen bereits dazu aufgerufen, energisch gegen Fehlverhalten vorzugehen. Den fraglichen Ärzten drohen hohe Geldstrafen oder der Entzug ihrer Zulassung. Was darf der Doktor, und was darf er nicht? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Mein Arzt will mich nur gegen Bargeld behandeln. Darf der das?

Nein. Bei Kassenpatienten gilt das sogenannte Sachleistungsprinzip. Der gesetzlich Versicherte legt seine Chipkarte vor und hat damit Anspruch auf alle Behandlungen, die der Katalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorsieht. Der Arzt reicht die Rechnung bei seiner Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ein und bekommt sein Honorar. Die KV holt sich das Geld dann bei der Kasse des Patienten. Zwischen Arzt und Patienten fließt in der Regel kein Geld. Jedoch kann auch der gesetzlich Versicherte sich auf Rechnung behandeln lassen. Dies geschieht aber nur auf seinen ausdrücklichen Wunsch. Bevor er sich darauf einlässt, sollte er sich ausführlich mit seiner Kasse beraten. Eine Ausnahme ist auch die Praxisgebühr von zehn Euro im Quartal. Diese geht aber nicht an den Arzt, sondern an die Kasse.

Mein Arzt hat mir neulich eine Behandlung angeboten, für die er Geld wollte. Ist das korrekt?

Wenn es sich dabei um eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) handelt, ist das in Ordnung. Das sind zumeist Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, die nach Einschätzung eines Expertengremiums aus Ärzten und Kassenvertretern nicht wirken oder deren Wirkung noch nicht erwiesen ist. Liegt kein akuter Verdacht vor, zählen auch viele Vorsorge-Untersuchungen zu IGeL-Leistungen. Hat der Arzt eine konkrete Veranlassung, trägt die Kasse in der Regel die Kosten.

Mein Orthopäde will mir erst einen Termin in sechs Wochen geben. Darf der das?

Grundsätzlich ist jeder Vertragsarzt verpflichtet, jeden Kassenpatienten zu behandeln, der ihn aufsucht. Wenn es sich allerdings nicht um einen Notfall handelt, muss der Arzt das keineswegs am gleichen Tag oder in der gleichen Woche tun. Auch gibt es nach Angaben der Techniker-Krankenkasse keinen Anhaltspunkt, der besagt, wie lange man maximal auf einen Termin warten muss. Manche Krankenkassen bieten deshalb an, innerhalb kurzer Zeit einen Facharzttermin zu besorgen. Natürlich kann auch der Patient selbst sich einen Arzt suchen, bei dem es schneller geht.

In meiner Gegend haben derzeit alle Facharztpraxen aus Protest gegen die Honorarreform geschlossen. Ist das erlaubt?

Ja, Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die regionale KV eine Versorgung für den Notfall sicherstellt. Sie muss also dafür sorgen, dass es eine Vertretung gibt. Das Gleiche gilt übrigens auch, wenn sich ein einzelner Arzt entschließt, seine Praxis aus Protest gegen die neuen Honorarregeln zu schließen. Die Kassenärztliche Vereinigung muss für eine Vertretung sorgen, die für Notfälle da ist.

© SZ vom 10.3.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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