Dagmar Enkelmann, PDS:Zurückhaltend, aber zupackend

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Noch vor wenigen Monaten hat Dagmar Enkelmann wohl selbst nicht damit gerechnet, dass sie im brandenburgischen Wahlkampf eine so prominente Rolle spielen würde. Doch nun ist aus dem weitgehend harmonischen Duell zwischen SPD und CDU ein Dreikampf mit offenem Ausgang geworden.

Von Philip Grassmann

In den Umfragen erreicht die PDS-Spitzenkandidatin mit ihrer Partei ähnliche Werte wie die Konkurrenz. Inzwischen erhebt die 48-Jährige sogar Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten, falls die PDS am 19. September stärkste Fraktion werden sollte.

PDS-Spitzenkandidatin in Brandenburg: Dagmar Enkelmann (Foto: Foto: dpa)

Ursprünglich hatten die Postsozialisten diese Option gar nicht im Blick. Anders als beim Wahlkampf in Thüringen verzichteten sie zunächst ganz bewusst darauf, ihre Spitzenkandidatin als Regierungschefin ins Gespräch zu bringen.

Doch seit dem Erfolg bei der Europawahl im Juni und den von der PDS geschickt ausgenutzten Ost-Protesten gegen die Hartz-Reformen sagt Dagmar Enkelmann jedem, der sie danach fragt, dass sie Ministerpräsidentin werden will: "In Brandenburg ist alles möglich."

Dabei ist Enkelmann, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende ist, eher ein zurückhaltender Mensch. Große Versprechungen sind ihre Sache nicht, ihr geht es vielmehr um Lösungen.

Parteiintern gilt sie als wichtiges, aber häufig unterschätztes Führungsmitglied, weil sie sich nicht in den Vordergrund drängt. Als Parteichef Lothar Bisky sie nach seiner Wiederwahl vor zwei Jahren in den Vorstand holte, übernahm sie dort die Zuständigkeit für die Kommunalpolitik und half dabei, nach den monatelangen Führungsquerelen den Neuanfang zu organisieren.

Bisky schätzt ihre zupackende Art und schlug die gebürtige Brandenburgerin im vergangenen Jahr als Spitzenkandidatin vor - ein Job, den er bis dahin immer selbst übernommen hatte.

Dass Enkelmann Wahlen gewinnen kann, hat sie bereits gezeigt. 1999 zog die dreifache Mutter in den Potsdamer Landtag ein, indem sie ein Direktmandat für die PDS eroberte. 1998 wurde sie zudem in das Bernauer Stadtparlament gewählt, und wieder ließ sie die Konkurrenz von SPD und CDU weit hinter sich.

Ihr offenkundiges politisches Geschick mag sich auch durch ihre lange Erfahrung erklären: Seit 15 Jahren ist die ehemalige Geschichtslehrerin im Geschäft: 1990 wurde sie in die DDR-Volkskammer gewählt, dort lernte sie auch ihren heutigen SPD-Konkurrenten Matthias Platzeck kennen.

Anschließend gehörte sie bis 1998 dem Bundestag an und war dort unter anderem Parlamentarische Geschäftsführerin der PDS-Gruppe. Aus dieser Zeit stammt auch eine Auszeichnung, an die sie nicht besonders gerne erinnert wird: Wegen ihres guten Aussehens wurde sie von den Journalisten zur "Miss Bundestag" gekürt.

In Wahrheit rechnet wohl auch Dagmar Enkelmann nicht damit, im Fall der Fälle zur Ministerpräsidentin gewählt zu werden. Die SPD hat bereits signalisiert, dass sie da nicht mitmachen würde, die CDU kommt als Partner ohnehin nicht in Frage. Doch zumindest auf einen Job hat sie gute Chancen: "Bei einem entsprechenden Ergebnis werde ich auf jeden Fall den Fraktionsvorsitz anstreben", sagt sie.

© Süddeutsche Zeitung vom 14. August 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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