Clements Kritik an der SPD:Seiner Partei fremd geworden

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Der frühere Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat sich mit der SPD immer schwer getan - heute steht er auf der Gehaltsliste des Energiekonzerns RWE und wird damit seinem Ruf gerecht.

Dirk Graalmann

Mit mangelnder Solidarität der Genossen kennt Wolfgang Clement sich aus. Es war 1986, als der damalige SPD-Sprecher als Wahlkampfleiter für den Kanzlerkandidaten Johannes Rau durch die Lande zog. Sie trommelten gemeinsam vehement für "eine eigene Mehrheit", während die vermeintlichen Parteifreunde öffentlich gegen den Kandidaten stichelten.

Mit mangelnder Solidarität der Genossen kennt Wolfgang Clement sich bestens aus. (Foto: Foto: dpa)

Auf dem Höhepunkt der Querschüsse aus dem eigene Lager befand der damalige Parteichef Willy Brandt lapidar: "43 Prozent sind doch auch ein gutes Ergebnis." Wolfgang Clement warf die Parteiämter entnervt hin - und heuerte nach der Wahl, bei der Rau nur 37 Prozent holte, als Chefredakteur bei der Hamburger Morgenpost an.

Er wollte seine innere Freiheit behalten, sich nicht verbal kastrieren lassen. Clement fühlte sich stets als unabhängiger Geist und als gelernter Journalist weiß er bestens, wie und wann man Schlagzeilen produziert. Auch ohne politisches Amt. So hatte Clement bereits im Dezember 2007 im Interview mit sueddeutsche.de unverhohlen mit seinem Parteiaustritt kokettiert für den Fall, dass die SPD mit der Linken paktiere.

Seiner Partei ist er zunehmend fremd geworden, sein Hauptaugenmerk galt nach seinem Rückzug aus der Politik im Jahr 2005 der Wirtschaft, naheliegend: leitete er im Kabinett Schröder doch das Wirtschaftsressort. Der rastlose Clement sitzt in zahlreichen Aufsichtsräten. Als Vertreter der Anteilseigner gehört er etwa dem Aufsichtsrat der Zeitarbeitsfirma DIS AG, immerhin einer der fünf größten Anbieter in Deutschland. Und seinen Job als Lobbyist erfüllt Clement auch dort mit Verve.

Im Interview mit sueddeutsche.de pries er Zeitarbeit geradezu hymnisch als das "Arbeitsmodell der Zukunft" und watschte gleich auch seinen Parteivorsitzenden, den "Herrn Beck", kräftig ab. Sprach da der Überzeugungstäter Clement oder der Lobbyist? Diese Frage stellt sich nun auch bei seinem Vorstoß gegen die Energiepolitik der SPD in Hessen, schließlich steht Clement auf der Gehaltsliste des Energieriesen RWE. Im Februar 2006 wurde er als eines von 21 Mitgliedern in den Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power gewählt, einvernehmlich bestimmt von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Rund 20.000 Euro soll Clement als Aufwandsentschädigung für das Mandat erhalten. Ehemalige Kollegen aus der rot-grünen Regierung in NRW schelten ihn dafür einen "RWE-Söldner".

Dabei liegt Clements Vorstoß, früher auch Aufsichtsrat der RWE-Tochter Rheinbraun AG, durchaus auf gewohnter Linie. Mit dem grünen Koalitionspartner, mit dem Clement zwischen 1998 und 2002 regierte, zankte er als Ministerpräsident um die richtige Energiepolitik. Bei den Grünen denkt man heute noch mit Grausen daran, wie Clement den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II als "eines der wichtigsten industriepolitischen Projekte des Landes" feierte. Die Grünen mussten sich dem Kohle-Freund Clement beugen. "Früher dachten wir manchmal, dass Clement mehr auf Seiten von RWE als auf Seiten der Koalition steht", erinnert sich die damalige grüne Umweltministerin Bärbel Höhn und ätzt: "Heute wissen wir es."

Das Gezänk setzte "Superminister" Clement auch im Bundeskabinett fort. Mit Umweltminister Jürgen Trittin, der sich gegen seinen Willen das Thema Erneuerbare Energien einverleibte, lieferte er sich legendäre Schlachten. In den Streitigkeiten um den richtigen Energiemix standen sich die beiden Polterer in nichts nach: "Der eine schmiss mit Laptops, der andere mit Aktenordnern", berichten Vertraute. Clement war der mit den Ordnern - er war schon immer etwas konservativer.

© SZ vom 21.01.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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