Clement keilt gegen die SPD:"Mit Grundrechten nicht vereinbar"

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Der frühere Wirtschaftsminister Clement erhebt in Interviews schwere Vorwürfe gegen die SPD. Er spricht der Partei sogar die Treue zum Grundgesetz ab.

Wolfgang Clement verbreitet seinen Ärger auf allen Kanälen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk klagte der langjährige Sozialdemokrat, der die Partei Knall auf Fall verlassen hat: "Ich habe mir fast ein Jahr lang angehört, dass ich charakterlos sei und dass ich verantwortlich sei für eine menschenverachtende Politik durch die Agenda 2010, und dann endet ein solches Verfahren mit einer Rüge."

Ex-Minister Clement: "De-Industrialisierung Deutschlands" (Foto: Foto: dpa)

Besonders enttäuscht zeigte er sich über seinen Parteifreund Franz Müntefering. Der Parteivorsitzende der SPD habe ihm nicht geholfen - im Gegenteil: "Ich sollte unter Mitwirkung von Franz Müntefering entmannt werden dort in diesem Verfahren."

Der Welt am Sonntag sagte Clement, er habe sich von der Partei nicht nur gerügt, sondern gedemütigt gefühlt. Besonders geärgert hat sich der ehemalige Bundesminister und Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens über die Bundesschiedskommission. Diese habe neben der Rüge eine Erklärung Clements verlangt, künftig seine Worte sorgfältig zu wählen. "Meine Töchter nennen das lächerlich, ich selbst bezeichne es als unwürdig", ließ er sich in der Zeitung zitieren.

Im Deutschlandfunk fuhr der ehemalige Superminister schwere Geschütze gegen die SPD auf. Das Verhalten der Partei ihm gegenüber sei "nicht mit den Grundrechten" vereinbar. Man habe ihn zu einer "eingeschränkten Meinungsfreiheit" zwingen wollen. "Ist so eine Partei geeignet, Zeitungen zu verlegen?", fragte er rhetorisch.´

Über die Medienholding DDVG verlegt die SPD die Neue Westfälische in Bielefeld; sie ist auch an der Fankfurter Rundschau, der Sächsischen Zeitung und weiteren Blättern beteiligt. Clement hatte immer für einen Verkauf des Presseimperiums plädiert, war damit aber in der Partei nicht durchgedrungen.

Inhaltlich stellte er sich nun klar gegen die Partei, der er fast 40 Jahre angehört hatte. Den von der Regierung geplanten Handel mit Emissionsrechten brandmarkte er als "De-Industrialisierung Deutschlands" und beschuldigte Umweltminister Sigmar Gabriel, das Land "in die totale Versteigerung" zu treiben. Das Verhalten der SPD gegenüber der Linken bezeichnete Clement als "Gegenteil von Autorität" und sagte abschließend: "Das ist nicht mehr meine Vorstellung von Sozialdemokratie".

Einsicht zeigte Clement in den Interviews keine. Er habe bei den Bürgern viel Verständnis für seinen Schritt gefunden, sagte er. Am vergangenen Montag, an dem sein Austritt öffentlich wurde, habe er schon bis 9 Uhr morgens 540 zustimmende E-Mails erhalten und "nur etwa zehn Prozent kritische". Bis heute erhalte er in der Öffentlichkeit überall "zustimmende Zurufe".

Eine Zustimmung der vergifteten Art erhält Clement von seinem Amtsnachfolger Michael Glos. Der CSU-Politiker forderte ihn in der Bild am Sonntag zu einer CSU-Schnuppermitgliedschaft auf: "Eine Schnuppermitgliedschaft mit vollen Rechten und keinen Pflichten!" Clement hatte allerdings nach dem SPD-Eklat gesagt, dass er sich den Eintritt in eine andere Partei derzeit nicht vorstellen könne.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/cmat/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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