CIA-Geheimtransporte:Gefangenen-Flüge gingen über Europa

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In der Affäre um mutmaßliche Gefangenen-Flüge des CIA sind neue Einzelheiten bekannt geworden: Offenbar sind in diesem Jahr noch mehr Maschinen als gedacht auf europäischen Boden gelandet. Der britische Außenminister Jack Straw soll die USA im Namen der EU offiziell um Aufklärung bitten.

In der Affäre um mutmaßliche Gefangenenflüge des US-Geheimdiensts CIA in Europa sind neue Einzelheiten bekannt geworden.

Eine Boeing 737 auf dem Flughafen von Mallorca. Es könnte eine der Maschinen sein, die die CIA für die Gefangenen-Transporte nutzte. (Foto: Foto: Reuters)

Noch in diesem Jahr seien mindestens 15 als Zivilmaschinen getarnte CIA-Flugzeuge auf europäischen Flughäfen gelandet, berichtete die Berliner Zeitung.

Kurz vor seiner USA-Reise zeigte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) besorgt über die angeblichen Gefangenentransporte.

"Methodologie und Logistik"

Unter anderem sei in diesem Jahr der Flughafen von Palma de Mallorca am 17. und 19. Januar Zwischenstation für einen CIA-Jet auf dem Weg von und nach Libyen gewesen, berichtete die Berliner Zeitung.

Am 6. Mai machten dem Bericht zufolge gleich zwei CIA-Maschinen in Prag Zwischenstation auf ihrem Flug vom afghanischen Kandahar nach Baltimore in den USA. Weitere CIA-Jets steuerten Athen, Brüssel und Glasgow sowie Shannon in Irland und Cascais in Portugal an.

Das Handelsblatt hatte am Freitag unter Berufung auf einen ranghohen Geheimdienstmitarbeiter bereits berichtet, es habe sich nichts daran geändert, dass CIA-Flugzeuge in Europa zwischenlandeten, darunter in Deutschland.

Landungen auf deutschen Flughäfen und Militärbasen in diesem Jahr sind laut der Berliner Zeitung bislang nicht bekannt.

Einer dem Blatt vorliegenden Liste zufolge benutzt die CIA derzeit mindestens 41 auf zivile Airlines zugelassene Flugzeuge.

Der EU-Sonderermittler Dick Marty sagte, es spreche viel dafür, dass es "eine Methodologie und Logistik gab und noch gibt, mit der einzelne gefangene Terrorverdächtige von Ort zu Ort geschafft und dort jeweils nur ein paar Tage untergebracht werden".

Steinmeier: "Anlass zur Sorge"

"Der Außenminister muss Fakten bewerten keine Zeitungsberichte", sagte Außenminister Steinmeier der Bild am Sonntag. "Das, was zu lesen ist, gäbe in der Tat Anlss zur Sorge", fügte er hinzu.

Deshalb sei es gut, dass der britische Außenminister Jack Straw die USA im Namen der EU offizielle um Aufklärung bitten werde. Das britische Außenministerium hatte den Schritt am Dienstag angekündigt, nachdem mehrere Delegationen dies beim EU-Außenministertreffen am Tag zuvor in Brüssel gefordert hatten. Steinmeier plant für Montag seinen Antrittsbesuch in den USA.

Der EU-Außenpolitiker Elmar Brok (CDU) verlangte von der EU-Kommission Aufklärung. Es sei nicht akzeptabel, Verdächtige ohne Anklage und Prozess festzuhalten, sagte Brok der Berliner Zeitung mit Blick auf mutmaßliche CIA-Geheimgefängnisse in Europa. "Guantánamo kann nicht auf europäischem Boden sttfinden", sagte er in Anspielung auf das umstrittene US-Gefangenenlager auf Kuba.

Brok sprach sich für zusätzliche Untersuchungen in Polen und Rumänien aus, auf deren Territorium sich Medienberichten zufolge Geheimgefängnisse befinden. Außerdem solle das Thema auf höchster Ebene beim nächsten europäisch-amerikaniscen Gipel angesprochen werden.

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, forderte von der Bundesregierung "unverzügliche" Aufklärung über mögliche CIA-Gefangenentransporte in Deutschland. Die Erfahrungen der Gefangenenlager Abu Ghraib im Irak und Guantánamo lege nahe, dass die Gefangenen in Gefängnisse gebracht worden seien, in denen gefoltert werde, sagte er der Freien Presse.

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