Christian Schütze gestorben:Ein Freund der Schöpfung

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Er war der erste Umweltjournalist der "Süddeutschen Zeitung" und dieses Landes; es heißt sogar, er habe das Wort "Umweltschutz" erfunden. Nun ist Christian Schütze kurz nach seinem 90. Geburtstag gestorben.

Von Heribert Prantl

Woran erkennt man den feinen Menschen? Friedrich Nietzsche hat ihn den "wohlgerathenen" Menschen genannt und wie folgt beschrieben: dass so ein Mensch "unsern Sinnen wohlthut". So war es mit Christian Schütze. Er tat uns gut: Er tat der Süddeutschen Zeitung und ihren Leserinnen und Lesern gut. Der gebürtige Sachse war ein wunderbarer und engagierter Schreiber; er war ein liebenswürdiger Mensch; er war ein akribischer und kluger Redakteur - von 1964 bis 1993. Zuletzt war er etliche Jahre lang ein umsichtiger Chef des innenpolitischen Ressorts der SZ und dann der erste Leiter und Genius des Ressorts "Umweltpolitik", das - und mit dem sich - die Süddeutsche Zeitung schmückte.

Christian Schütze war der erste Umweltjournalist dieser Zeitung und dieses Landes; es heißt, er habe das Wort "Umweltschutz" erfunden. Ob es wirklich so ist, lässt sich nicht hundertprozentig feststellen. Er hat das Wort und die Aufgabe Umweltschutz jedenfalls mit unzähligen Artikeln und Vorträgen populär gemacht. Solche Menschen, so Nietzsche, sind "aus einem Holz geschnitzt, das hart, zart und wohlriechend zugleich ist". Man muss Nietzsche nicht mögen, aber diese auf Christian Schütze passende Beschreibung in "Ecce Homo" ist treffend. Der Untertitel des Werks lautet: "Wie man wird, was man ist".

Christian Schütze hat schon früh den ökonomischen Übermut angeprangert - weil er ein Freund der Schöpfung war. Er war ein engagierter evangelischer Christ, und sein Engagement für Natur und Umwelt fußte darauf. Ihm war klar, dass die biblische Schöpfungsgeschichte kein naturwissenschaftliches Protokoll über die Erdentstehung ist. Es ging Schütze weniger darum, wie Natur und Mensch entstanden sind. Es ging ihm darum, wie die Welt sein muss, auf dass der Mensch darin leben kann: Der Mensch braucht eine Lebensgrundlage, er braucht Heimat. Es ging Schütze um die Bedingungen, die Leben überhaupt möglich machen - nicht nur am Nullpunkt der Zeit, sondern immer und immer wieder.

Schöpfung, das war das Credo von Christian Schütze, ist nicht etwas, das einmal war; Schöpfung muss tagtäglich neu geschehen, um das Leben in einer Welt von Krieg, Not, Gewalt und Ungerechtigkeit möglich zu machen.

In der wichtigsten seiner vielen Buch-Veröffentlichungen, "Das Grundgesetz vom Niedergang", 1989 bei Hanser erschienen, konfrontierte er die Leser mit den schädlichen Folgen einer unreflektierten Arbeitsethik. Es ist dies ein ökologisches Grundsatzwerk, das noch heute, nach fast dreißig Jahren, sehr lesenswert ist.

Auch der Süddeutschen Zeitung hat Christian Schütze ein Grundsatzwerk hinterlassen: Es besteht nicht nur in seinen luziden Analysen und Leitartikeln, es besteht auch in einer schmalen Broschüre, die "Redaktionsstatut" heißt. Er war der Vater dieser Betriebsvereinbarung zwischen Verlag und Redaktion, die der Redaktion der SZ bei der Besetzung der leitenden Positionen der Zeitung ein entscheidendes Mitspracherecht gegenüber den Verlegern sichert. Dieses Redaktionsstatut gilt bis heute. Dies und noch mehr hat ihm die Redaktion zu danken. Und ich ganz persönlich habe ihm zu danken, dass er mich vor dreißig Jahren in der SZ an das Metier des Kommentierens freundlich und bestimmt herangeführt hat.

Christian Schütze ist am Donnerstagabend in Wolfratshausen, im Kreis seiner Großfamilie, nach kurzer schwerer Krankheit gestorben - gut zwei Monate nachdem er seinen 90. Geburtstag in großer Runde gefeiert hatte. In seinem Abschiedsbrief, den er wenige Tage vor seinem Tod geschrieben hat, steht der Satz: "Haltet Frieden untereinander und lasst Euch nicht vom giftigen Geld verführen". Und dann folgt der Wunsch: "Bepflanzt mein Grab mit Rosen der Sorte Sommerwind

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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