China und Taiwan:Später Händedruck

Symbolik ist wichtig. Aber Taiwans Misstrauen bleibt.

Von Kai Strittmatter

Viel Lärm um wenig. Ein Händedruck, und auch ansonsten nur Symbolik. Vor allem: Symbolik, die kaum Einfluss nehmen wird auf den Lauf der Dinge in der Straße von Taiwan. Denn das war in Wirklichkeit ein Treffen zwischen zwei Parteiführern und kein Treffen zwischen zwei Staatsoberhäuptern mit dem Willen und der Macht zur Gestaltung. Das liegt vor allem an Taiwans Ma Ying-jeou: Der Mann ist bei den Wählern längst unten durch, und er tritt bald ab.

Dass das Volk keine Rolle spielt, ist für Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping Normalität. Taiwan allerdings ist längst eine Demokratie. Im Januar werden Taiwans Wähler wohl die Kandidatin der oppositionellen DFP, Tsai Ing-wen, zur neuen Präsidentin machen. Das bereitet Peking Sorgen. Das Treffen mit Ma soll auch eine Botschaft sein an die Neue: Nimm dir ein Beispiel an dem guten Ma, der Peking stets entgegenkam. Genau dieses Entgegenkommen aber wird die Kuomintang nun die Wahl kosten.

Taiwans Wähler sind nicht lebensmüde: Sie wollen ein gutes Verhältnis zu China, aber sie wollen sich nicht unterwerfen. Die mutmaßliche neue Präsidentin Tsai wird sich an erster Stelle nicht dem "einen China" und der Wiedervereinigung verpflichtet fühlen, sondern ihrem Volk. Und Taiwans Bürger misstrauen China. So gesehen war das ein Händedruck in letzter Minute: noch einmal schmusen, bevor wieder ruppige Zeiten anbrechen.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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