Chile: Aufklärung von Mordaktion "Colombo":Haftbefehl gegen 100 Pinochet-Schergen

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Die chilenische Regierung schickt sich an, ungesühnte Verbrechen der Pinochet-Diktatur zu ahnden. Im Visier der Fahnder sind ehemalige Soldaten und Agenten, die gefoltert und gemordet haben sollen.

An diesem Dienstag legt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ihren Jahresbericht vor - und kann sich schon vor der Veröffentlichung über einen Erfolg freuen. Die chilenischen Behörden haben am Vortag Haftbefehl gegen rund 100 ehemalige Soldaten und Geheimdienstagenten des berüchtigten Diktators Augusto Pinochet erlassen.

Chile am 22.9.1973, nach dem Putsch der Junta um Augusto Pinochet. Soldaten bewachen im Chilenischen Nationalstadion mutmaßliche Gegner des Regimes. Viele von ihnen wurden später gefoltert und ermordet. (Foto: Foto: dpa)

Die Verdächtigen sollen an der Verschleppung und Ermordung von 42 Menschen im Rahmen der "Operation Colombo" verantwortlich gewesen sein, wie aus Justizkreisen verlautete. Die Operation fand zu Beginn von Pinochets Schreckensherrschaft in den 1970er Jahren statt und richtete sich vor allem gegen linksgerichtete Oppositionspolitiker und Andersdenkende.

Einige der jetzt Festgenommenen arbeiteten für den damaligen Geheimdienst Dina, in dessen Folterkellern Tausende Menschen zu Tode gequält oder verstümmelt wurden.

Freude bei Menschenrechtsgruppen

Menschenrechtsgruppen begrüßten die angeordneten Festnahmen als bislang größte Aktion der Justiz zur Aufarbeitung der Pinochet-Diktatur. "Das sind exzellente Nachrichten, weil die 'Operation Colombo' angesichts der Anzahl der Opfer ein symbolischer Fall ist", sagte der Chef von Amnesty International Chile, Sergio Laurenti, zu Reuters. Gleichzeitig mahnte er Polizei und Justiz, den Fall schnell voranzutreiben, damit die Verdächtigen bald vor Gericht gestellt werden könnten.

Das chilenische Innenministerium versprach eine ebenso entschlossene wie lückenlose Aufklärung der Verbrechen. Justizminister Carlos Maldonado äußerte sich ähnlich: "Jeder Fortschritt in Menschenrechtsfragen ist wichtig."

Einige Fälle würden schneller aufgeklärt als andere. "Aber ich hoffe, dass letztendlich kein Fall geschlossen wird, bevor nicht jeder Schuldige gefunden worden ist", sagte der Minister.

General Pinochet hatte 1973 gegen die demokratisch gewählte Linksregierung von Präsident Salvador Allende geputscht. Während seiner 17 Jahre dauernden Herrschaft kamen fast 3200 Menschen gewaltsam ums Leben, die überwiegende Mehrheit wurde von den Militärs getötet. Etwa 28.000 Regimegegner wurden von Pinochets Helfern in geheimen Verließen gefoltert.

Die US-Regierung räumte später eine Verwicklung in den Putsch ein. Die Pinochet-Diktatur stellt damit eines der dunkelsten Kapitel in der jüngeren Geschichte Amerikas dar.

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