Checkpoint Charlie:Die Mauer soll bleiben

Lesezeit: 2 min

Das Mauermahnmal am Checkpoint Charlie soll abgerissen und der Wald aus 1065 Holzkreuzen abgeholzt werden. Doch die Museumsdirektorin kämpft um den Fortbestand des "Freiheitsmahnmals" am Berliner Checkpoint Charlie.

Von Constanze von Bullion

Es könnten Bilder werden, die um die Welt gehen. Bilder, auf denen Bagger riesige Betonteile aus der Verankerung reißen und in den Nachthimmel heben. Dass auch gejubelt wird wie 1989, wenn am kommenden Dienstag um 4 Uhr früh die Mauer fällt in Berlin, ist allerdings unwahrscheinlich.

Alexandra Hildebrandt hofft auf Räumungsaufschub für Mauerkreuze. (Foto: Foto: ddp)

Das Mauermahnmal am Checkpoint Charlie soll abgerissen und der Wald aus 1065 Holzkreuzen abgeholzt werden, den die Chefin des Berliner Mauermuseums dort aufgepflanzt hat. So will es der Berliner Senat. So will es das Gericht und die Bank, der die Grundstücke an der Friedrichstraße gehören. Aber wollen es auch die Besucher der Stadt?

Tausende von Touristen pilgern Tag für Tag zum ehemaligen Checkpoint Charlie in Berlin und schieben sich in das voll gestopfte Museum, das am wohl berühmtesten Grenzübergang zwischen Ost- und Westberlin dramatische Geschichten vom Kalten Krieg erzählt. Dass das Grenzhäuschen vor der Tür nicht echt ist und die nachgebaute Mauer an der Friedrichstraße am falschen Platz steht, stört die Besucher offenbar so wenig wie die Tatsache, dass dieses kalkweiße "Freiheitsmahnmal" reichlich pathetisch daherkommt.

Brief an Bush

Die Hauptstadt habe nun mal keinen anderen Ort, der so authentisch und wirkungsvoll an den Einsatz der West-Alliierten für Berlin erinnere, sagte Museumschefin Alexandra Hildebrandt, als sie am Dienstag eine Spendenkampagne ankündigte.

32 Millionen Euro will die umtriebige Frau nun einsammeln, um den Abriss ihres selbst gebastelten Mahnmals zu verhindern. Mit dem Geld möchte sie die Grundstücke kaufen, auf denen die nachgebaute Mauer jetzt steht. Sie werden von der Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG) verwaltet, die die Filetstücke seit Jahren nicht loswird. Und verwahrlosen ließ.

Nun ist es natürlich unwahrscheinlich, dass die Museumschefin so viel Geld in so kurzer Zeit zusammenbringt. Alexandra Hildebrandt aber schreckt das nicht. Sie will Stiftungen und internationale Konzerne um Hilfe bitten, sogar US-Präsident George W. Bush soll schon einen Brief von ihr bekommen haben. Der DaimlerChrysler-Konzern hat jetzt die Bank gebeten, die Räumung des Geländes zumindest zu vertagen und einige CDU-Landespolitiker wollen sich am Dienstagmorgen tapfer den Baggern entgegenstellen.

Schwarzer Peter für Kultursenator

Dass nun auch der CDU-Bundesgeschäftsführer Johannes von Thadden dafür kämpft, dass die Mauer bleibt, wie Frau Hildebrandt behauptet, mochte im Konrad-Adenauer-Haus allerdings niemand bestätigen. Zwar hat von Thadden mit Hildebrandt gesprochen und offenbar auch Sympathie für ihr Anliegen. In seiner Funktion als Bundesgeschäftsführer aber könne er nichts für sie tun.

Womit der schwarze Peter bei Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) angekommen wäre. Der ist in der misslichen Lage, den Abriss des Mahnmals zwar zu wollen, aber keine Alternativen anbieten zu können. Geld für ein eigenes Denkmal am Checkpoint Charlie hat er nicht. Eine gute Idee noch weniger. "Wir müssen mal gucken, wie sich die etwas undurchsichtige Lage entwickelt", heißt es vage in seinem Haus. Schon möglich, dass es Alexandra Hildebrandt sein wird, die selbst ernannte Herrin des Checkpoint Charlie, die Berlin bald ihre nächste Überraschung präsentiert.

© SZ vom 29.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: