Ceta-Verhandlungen:"Auf viel höheren Ebenen"

Lesezeit: 2 min

Hellger Koepff ist seit 2003 Dekan in Biberach und Pfarrer an der Stadtpfarrkirche. Er musste "etwas schmunzeln", als er von Oettingers Äußerungen hörte. (Foto: privat)

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger lästert über eine evangelische Kirchengemeinde in Biberach - deren Dekan amüsiert das.

Interview von Valentin Dornis, München

"Wollen wir jetzt noch den Kirchengemeinderat von Biberach befragen?", hatte EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) gefragt - genervt von den Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Ceta-Verhandlungen müssten auf breiter Ebene abgestimmt werden. Ein Gespräch mit Hellger Koepff, evangelischer Dekan in Biberach und Pfarrer an der Stadtpfarrkirche.

SZ: Herr Koepff, haben Sie gehört, dass im Streit um Ceta zwischen Günther Oettinger und Sigmar Gabriel plötzlich Ihre Kirchengemeinde eine Rolle spielt?

Hellger Koepff: Ich musste etwas schmunzeln, als ich das gehört habe. Unsere Stadt Biberach scheint für Herrn Oettinger ein Synonym für einen kleinen Ort ganz weit weg zu sein, vielleicht irgendwo im Busch im Osten von Baden-Württemberg.

Ist das so?

Wir sind natürlich weit weg vom Machtzentrum in Stuttgart. Aber Biberach ist eine starke Region, wir brauchen uns da nicht zu verstecken. Dass Herr Oettinger ausgerechnet unseren Kirchengemeinderat ins Gespräch bringt, darauf bilden wir uns nichts ein, sehen das eher als unterhaltsame Episode. Mein Sohn meinte allerdings, ich hätte damit wohl den vorläufigen Höhepunkt meiner Karriere erreicht.

Was hätten Sie denn geantwortet, wenn die Politik Sie zu Ceta befragt hätte?

Wir als Kirchengemeinderat sind für solche Fragen nicht zuständig. Die Politik verhandelt Ceta ja auf viel höheren Ebenen, damit haben wir hier in Biberach in unseren Gremien nichts zu tun. Sollten sich Herr Gabriel oder Herr Oettinger diesbezüglich trotzdem noch bei uns melden, dann würden wir uns als Gemeinde wahrscheinlich vornehm zurückhalten. Aber natürlich gibt es in Biberach viele politisch interessierte Menschen, die über das Freihandelsabkommen auch kritisch diskutieren.

Also hat Sie noch niemand in Sachen Ceta um Rat gefragt oder gar um Zustimmung gebeten.

Bisher gab es noch nicht so viele Reaktionen auf die Äußerungen von EU-Kommissar Oettinger. Es kamen zwar ein paar Mails, aber wir sind zum Glück noch nicht zum allgemeinen Ansprechpartner für Ceta-Fragen geworden. Unser Kirchengemeinderat hat aber im Moment auch wirklich sehr viele andere Aufgaben zu lösen, zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe. Wir würden mit Beratungen über Freihandelsabkommen wahrscheinlich über unsere Kapazitätsgrenzen hinausgehen, in so einem Gemeinderat sitzen ja jeweils nur sieben bis neun Personen.

War Herr Oettinger überhaupt schon mal bei Ihnen im Gottesdienst?

Nicht, dass ich wüsste. Aber er kennt unsere Stadt sicher noch aus seiner Zeit als Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Außerdem ist er der Kirche zumindest immer sehr verbunden gewesen.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: