CDU und CSU:Ungehaltene Reden

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Bayerns Ministerpräsident wird beim CDU-Parteitag keine warmen Begrüßungsworte halten - eine Absage, die beiden Parteien entgegenkommt.

S. Braun und P. Fahrenholz

Manchmal haben Großkrisen auch Nebeneffekte, die bei näherem Hinsehen gar nicht so unerwünscht sind. CSU-Chef Horst Seehofer wird auf dem CDU-Parteitag kein Grußwort sprechen - die Verwerfungen bei der Bayern LB nehmen ihn zeitlich voll in Anspruch, am Dienstag tagt das bayerische Kabinett zu dem Thema.

In Wirklichkeit kommt die Terminkollision beiden Seiten nicht ungelegen. Merkel und ihr Generalsekretär Ronald Pofalla müssen nicht befürchten, dass der rhetorisch versierte Seehofer mit einem klaren Plädoyer für schnelle Steuersenkungen den Beifall der CDU-Delegierten kassiert.

Seehofer wiederum bleibt es erspart, die Irritationen zwischen CDU und CSU so offen anzusprechen, wie es eigentlich nötig wäre, wofür sich ein Grußwort auf dem Parteitag der Schwesterpartei aber wiederum nur schlecht eignet. Da werden eher warme, versöhnliche Worte erwartet.

Im Stich gelassen

Für die gibt es aber aus CSU-Sicht derzeit keinen Anlass. In der CSU herrscht ein tiefsitzender Groll auf die Schwesterpartei. Man fühlt sich von der CDU und speziell der Kanzlerin im Stich gelassen im bayerischen Landtagswahlkampf, der für die CSU in einem Desaster geendet hat.

Ob es die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale war oder rasche Steuersenkungen, mit allem, woraus sich aus CSU-Sicht wenigstens ein paar Funken in einem ohnehin schwierigen Wahlkampf hätten schlagen lassen, war man bei der Kanzlerin abgeblitzt. Um dann zu erleben, wie kurz nach der Bayern-Wahl ein erstes üppiges Konjunktur-Paket auf den Weg gebracht wurde.

"Es gibt eine tiefgreifende Enttäuschung über die CDU und Frau Merkel", sagt ein CSU-Präside. Zumal man in der CSU sehr genau die Schadenfreude einiger CDU-Granden über das schlechte CSU-Wahlergebnis registriert hat und die Stimmen, nun müsse aber Schluss sein mit den Privilegien der CSU in der gemeinsamen Bundestagsfraktion.

Aus CSU-Sicht ist diese Häme ausgesprochen kurzsichtig. Denn ohne ein überproportionales CSU-Ergebnis sei auch Merkels weitere Kanzlerschaft akut bedroht, heißt es in München. Außerdem werde die CDU bei den nächsten Landtagswahlen selber erleben, dass sie ihre Ergebnisse nicht halten könne.

Wer bremst?

Argumentativ wähnt sich die CSU ohnehin, wie schon so oft in der Vergangenheit, auf der richtigen Seite. Seehofer, so ist aus seinem Umfeld zu hören, schaut sehr kritisch auf das, was die CDU-Führung derzeit macht.

In der Steuersenkungsdebatte sei die CDU "in einer Sackgasse" gelandet, sie vertraue viel zu sehr auf die Kompetenz "eines Herrn Steinbrück" statt auf die eigenen Fähigkeiten, lautet die Kritik aus München. Die Devise müsse "Mehr Union, weniger Steinbrück" heißen. Seehofer befürchtet, dass Merkels restriktiver Kurs Deutschland in die internationale Isolierung treiben könne. Ringsherum gebe es große Investitions- und Entlastungsprogramme. Deutschland könne als größte Exportnation "nicht im Bremserhäuschen sitzen".

Unionsintern will die CSU deshalb beim Thema Steuersenkungen aufs Tempo drücken. Man müsse "sanften Druck" auf die Schwesterpartei ausüben, um so rasch wie möglich zu Entscheidungen zu kommen, heißt es in München. Die Steuerpläne der Union dürften nicht erst in der Endfassung des Programms für die Bundestagswahl festgelegt werden."Das ist zu spät", sagt ein hochrangiger Politiker aus der CSU-Spitze.

Hätte Seehofer all das auf dem CDU-Parteitag offen angesprochen, hätte aus einem Grußwort leicht eine Philippika werden können. Das bleibt ihm - und Merkel - jetzt erspart.

© SZ vom 01.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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