BVG-Urteil:Lehrerverband: Kopftücher gefährden den Schulfrieden

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Der Verband deutscher Lehrer ist unzufrieden mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Es sei nicht eindeutig genug. Auch drohen an vielen Schulen Proteste der Eltern. Bayern, Hessen, Bremen, Niedersachsen und Berlin haben bereits angekündigt, Lehrerinnen das Kopftuch per Gesetz zu verbieten.

Der Vorsitzende des Verbands, Josef Kraus, sagte im Deutschlandradio Berlin, er hätte sich acht Jahre nach dem Kruzifix-Urteil des höchsten deutschen Gerichts eine eindeutigere Regelung im Sinne des Neutralitätsgebots in den Schulen gewünscht. Die Möglichkeit, ein Kopftuch zu tragen, gefährde aus seiner Sicht an vielen Schulen den Schulfrieden, weil es zu Protesten von Eltern kommen könnte.

Nachdem die Verfassungsrichter gesetzliche Grundlagen für ein Kopftuch-Verbot in den Schulen verlangt hatten, sieht Kraus jetzt die Länder in der Pflicht. "Was ich mir wünsche mit Blick auf den Schulfrieden in Deutschland ist, dass sich die Länderparlamente möglichst rasch und möglichst einheitlich entscheiden", sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands in dem Rundfunkinterview.

Die von Kraus gewünschte Einheitlichkeit zeichnet sich jedoch nicht ab: Die unionsregierten Bundesländer Hessen, Bayern und Niedersachsen haben angekündigt, keine muslimischen Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichten zu lassen. Ähnlich äußerten sich Bremen und Berlin.

Ostdeutsche Länder sehen keinen Handlungsbedarf

Während Länder wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und das Saarland noch überlegen, haben sich die ostdeutschen Bundesländer festgelegt: Sprecher der zuständigen Ministerien in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sagten, Gesetzesänderungen seien "kein Thema". Zur Begründung hieß es vorwiegend, die Frage stelle sich bei dem meist kleinen Ausländeranteil nicht.

Die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU) möchte keine Kopftücher an den bayerischen Schulen sehen. "Wenn es notwendig ist, werden wir eine entsprechende landesrechtliche Regelung schaffen", sagte Hohlmeier. Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte, die Rechte von Eltern und Kindern müssten Vorrang haben vor dem Wunsch einer Lehrerin, mit einem Kopftuch ihre religiöse Überzeugung Kund zu tun.

Hessen kündigte ein gesetzliches Verbot des Tragens von Kopftüchern im Unterricht an. Nach dem Karlsruher werde die Landesregierung "schnellstens eine Gesetzesinitiative starten", erklärte Kultusministerin Karin Wolff (CDU). Das Kopftuch sei keine Folklore, sondern Ausprägung eines Glaubensbekenntnisses. Und als solches habe es im Unterricht an hessischen Schulen keinen Platz.

Auch Niedersachsen wird nach den Worten von Kultusminister Bernd Busemann Lehrkräfte mit Kopftuch in der Schule nicht dulden. "Die staatliche Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität ist ein unverzichtbares Gut, das nicht relativiert werden darf", sagte Busemann in Hannover.

Bremen und Berlin prüfen noch

Ein gesetzliches Verbot wird auch in Bremen und Berlin erwogen. Berlins Bildungssenator Klaus Böger erklärte, das Land werde prüfen, welche gesetzlichen Regelungen notwendig seien, um in Zukunft an den Schulen das weltanschauliche Neutralitätsgebot des Staates zu garantieren. Bremen prüft mit der selben Begründung eine Änderung seines Schulgesetzes.

Baden-Württemberg werde gewissenhaft und eingehend analysieren, ob und zu welcher Gesetzesänderung es kommen werde, sagte Kultusministerin Annette Schavan. Ähnlich äußerte sich ein saarländischer Regierungssprecher.

Hamburg hat keine Probleme mit Kopftüchern

Keinen Anlass für gesetzliche Initiativen sehen dagegen Rheinland-Pfalz, Hamburg sowie die ostdeutschen Flächenländer. Im Mainz hieß es, das Thema solle jetzt "nicht hochgekocht" werden, zumal es keinen Fall einer Kopftuch tragenden Lehrerin gebe.

In Hamburg wurde hervorgehoben, es gebe seit 2000 eine beamtete Muslimin im Schuldienst, die mit Kopftuch unterrichte. Die Schulkonferenz sei mit ihr zufrieden, und es gebe keine Absicht, an dieser Praxis etwas zu ändern.

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Ute Schäfer (SPD) sagte, derzeit gebe es an Rhein und Ruhr keine Probleme mit Kopftuch tragenden Lehrerinnen. Allerdings müsse das Urteil "sehr grundsätzlich auf möglicherweise notwendige gesetzliche Konsequenzen geprüft" werden.

Auch das schleswig-holsteinische Kultusministerium will das Urteil analysieren, sieht aber keinen akuten Handlungsbedarf. Wenn es zu einer Neuregelung komme, müsse sie bundeseinheitlich sein, forderte Kultusministerin Ute-Erdsiek-Rave (SPD).

(sueddeutsche.de/dpa/AP)

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