Bush und seine Rede zur Lage der Nation:Das große Scheitern

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Der US-Präsident ist so schwach wie nie - auch mit noch so großen Worten kann er über seine desaströse Lage nicht mehr hinwegtäuschen.

Ein Kommentar von Reymer Klüver, Washington

George W. Bush ist so schwach wie nie. Und sein Bericht zur Lage der Nation war nüchtern wie nie. Dies ist kein Präsident mehr, der über die Achse des Bösen in der Welt spintisiert oder über Flüge zum Mars.

Dies ist ein Präsident, der über seine desaströse Lage nicht mehr hinwegtäuschen kann: Außenpolitisch geht nichts voran, innenpolitisch ist er eigentlich handlungsunfähig.

Am schlimmsten wiegt, dass die Amerikaner das Vertrauen in ihren Präsidenten verloren haben, in seine Führungsstärke, in seine Qualitäten als Krisenmanager. Deswegen aber hatten sie Bush gewählt.

Sie sehen, dass der Krieg im Irak nicht nur aus falschen Motiven, sondern dass er auch schlecht geführt wurde und dass Bush keine Perspektive zu bieten hat. Sie wollen - mit Zweidrittelmehrheit -, dass der von den Demokraten dominierte Kongress die Richtung bestimmt.

Das ist ein öffentliches Misstrauensvotum. In parlamentarischen Systemen wie in Britannien oder Deutschland wäre jetzt die Zeit zum Titanensturz. Die Amerikaner aber müssen noch zwei Jahre ausharren.

Konfrontation mit dem Kongress

In der alles beherrschenden Irakfrage braut sich deswegen eine mächtige Konfrontation mit dem Kongress zusammen. Bushs Durchhalteplan hat auch wohlmeinenden Konservativen gezeigt, wie wenig sein politischer Takt noch synchron geht mit dem Pulsschlag des Landes.

Der Kongress wird ihm das zeigen und ihn zur Korrektur auffordern. Die wird er verweigern. Wenn das Sterben in Bagdad aber wie zu erwarten weiter geht, dürfte der Druck in Washington so steigen, dass das Parlament dem Präsidenten die Mittel für den Irak zusammenstreichen wird. Es ist Wahlkampf, und die Leute haben genug vom Krieg.

Innenpolitisch wollte Bush die Amerikaner in seiner Rede davon überzeugen, dass er für den Rest seiner Amtszeit noch Wichtiges vorhat. Aber in Wahrheit hat er wenig zu bieten. Seine Vorschläge zur Reform der Krankenversicherungen - von den Demokraten kassiert, noch ehe er sie unterbreitet hat.

Sein Vorstoß zur Anhebung des Standards an den Schulen - der Aufguss einer halbgelungenen Reform aus der ersten Amtszeit. Seine Initiative zur Senkung des Energieverbrauchs - verfehlt die eigentliche Diskussion.

Denn überraschend redet auch das konservative Amerika über die Klimaerwärmung, von evangelikalen Predigern bis zu Vorstandschefs. Jahrelang wollten sie nichts von der sich abzeichnenden Katastrophe wissen. Das hat sich geändert, selbst Bush hat gemerkt, dass ein Problem nicht verschwindet, wenn man die Augen davor verschließt.

Doch den Ton geben nun andere an: Gouverneure, die ihren Bundesstaaten neue Emissionsgrenzen verordnen. Konzernbosse, die nach schärferen Regeln für ganz Amerika rufen. Das will Bush nicht.

Die Demokraten aber haben die Klimakontroverse als ein Zukunftsthema entdeckt. Bush wird auch hier nur als Bremser auftreten, der mit seinem Veto verhindert, dass sein Land schon jetzt und nicht erst 2009 ins Morgen aufbricht.

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