Bush empfängt Merkel auf texanischer Ranch:Jeans statt Smoking, Rinderfilet statt Rinderhoden

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So richtig kumpelhaft wirkte es nicht, das Treffen zwischen dem US-Präsidenten und der Kanzlerin. Obwohl: Die Küchenchefs von George W. Bush gaben sich richtig Mühe bei der Essensauswahl. Allerdings enthielten sie Angela Merkel die berüchtigten "Prärie Austern" vor. Impressionen eines Privatbesuchs in Texas.

Ach, was sind das für schöne Bilder aus einem fernen Land, in dem die Sonne scheint - und nicht Sturmfluten, Regen, Schnee und Hagelschauer herrschen. Erstmals hat US-Präsident George W. Bush Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seiner Ranch im texanischen Crawford empfangen.

Eine besondere Ehre: Der letzte vergleichbare Besuch eines deutschen Regierungschefs auf einem privaten Anwesen eines US-Präsidenten liegt mehr als 40 Jahre zurück. Im Dezember 1963 empfing Präsident Lyndon B. Johnson Kanzler Ludwig Erhard auf einer Ranch, die nur 160 Kilometer südlich von Bushs "Prairie Chapel Ranch" liegt.

Bush trat, begleitet von seiner Ehefrau Laura, ganz locker in Jeans, mit kurzärmeligen Hemd und in schwarzen Stiefeln für ein kurzes, unbedeutendes Statement vor die Presse. "Wenn man in Texas jemanden nach Hause einlädt, ist das ein Ausdruck von Wärme und Respekt", sagte er und fügte hinzu: "Und so empfinde ich auch für Kanzlerin Merkel."

Ein bisschen steif daneben, die Angesprochene und ihr Ehemann Joachim Sauer, der sie erstmals auf einer Überseereise begleitete. Merkel, mit ockerfarbenen Jackett und in brauner Hose, sprach von wundervollen Bedingungen für ein Wiedersehen. "Schon der erste Blick zeigt, dass wir eine wunderbare Atmosphäre haben, in der wir Probleme, wichtige Dinge besprechen können."

Während für den ersten Staatsbesuch Sarkozys in Washington großer protokollarischer Aufwand betrieben wurde, ist der Verzicht auf Förmlichkeiten in Crawford Programm. Auf Bushs Ranch gilt Krawattenverbot und auch das Programm für die 21-stündige Visite wurde nur grob festgelegt. Er wolle mit der Kanzlerin unternehmen, "wozu sie Lust hat", hatte der US-Präsident bereits vor einigen Tagen angekündigt. Vor allem werde es darum gehen, sich in einer besonderen Atmosphäre zu unterhalten. "Hier geht es nicht so förmlich zu. Das kann einem Gespräch unter Freunden sehr zuträglich sein."

Revanche fürs Wildschwein-Essen

Mit ihrem Besuch erwidert sie den Aufenthalt von Bush im vorpommerschen Trinwillershagen im Juli 2006. Dort fand das mittlerweile in der Region beinahe legendär gewordene Wildschwein-Essen statt. Bush pflegt mit seiner Gegeneinladung eine besondere Verbundenheit zu internationalen Partnern zu demonstrieren. 14 Staats- und Regierungschefs waren bereits dort, der letzte Besuch dieser Art liegt allerdings mehr als zwei Jahre zurück.

Merkel war am Freitagmorgen mit einer kleinen Delegation in Berlin abgeflogen. Nur wenige Beamte aus dem Kanzleramt, dem Bundespresseamt, vom Protokoll, Bodyguards und zehn Journalisten begleiten sie auf der Reise, die insgesamt weniger als 48 Stunden dauern wird. Fast 14 Stunden war Merkel nach Texas unterwegs - inklusive Tankstopp im kanadischen Montreal.

Am Freitagnachmittag (Ortszeit) landete sie auf der größten Militärbasis der USA, Fort Hood, und wurde anschließend von dort mit einem Helikopter zur "Prairie Chapel Ranch" gebracht.

Bush und seine Frau Laura holten die beiden Gäste aus Deutschland vom Landeplatz mit einem weißen Pick-up-Truck ab, den der Präsident selbst steuerte. Von dort aus starteten sie eine Rundfahrt über die Ranch, die mit 648 Hektar ziemlich viele Fußballfelder umfasst. Neben dem Hauptgebäude und den Gästehäusern gehören dazu mehrere Canyons und ein großer künstlicher Teich.

Verabredung zum Spaziergang

Mit einem deftigen texanischen Abendessen revanchierte sich Bush für das gegrillte Wildschwein aus Ostdeutschland. Auf dem Speiseplan für das gemeinsame Abendessen der Ehepaare Bush und Merkel-Sauer am Freitagabend in Crawford stand nach einem leichten Auftakt mit Rucola-Salat und Parmesan eine Hauptspeise aus geräuchertem Rinderfilet mit sautierten Pilzen. Danach gab es nach Angaben des Weißen Hauses ein Grütze-Soufflé mit grünen Chilischoten, Käse und gegrilltem Spargel.

Abgerundet wurde das Menü durch Eiscreme und einen Kuchen mit den für Texas typischen Pekan-Nüssen. Die berüchtigte Spezialität der texanischen Küche wurde den Gästen aus Berlin freilich vorenthalten: die in ländlichen Gegenden beliebten "Prärie-Austern", bei denen es sich in Wirklichkeit um frittierte Rinderhoden handelt.

Für den Morgen verabredeten sich Bush und Merkel vor einem Gespräch in größerem Kreis zu einem Spaziergang. Mindestens fünf Stunden Gesprächszeit werden ihnen in Crawford insgesamt zur Verfügung stehen. Die Themenliste ist lang. Neben dem Atomstreit mit Iran soll es um die Zukunft des Kosovos, die Nato-Erweiterung, Afghanistan, eine UN-Reform, den Klimaschutz, die Welthandelsrunde und den Nahost-Konflikt gehen.

In den vergangenen Wochen hat sich der Ton zwischen Washington und Teheran deutlich verschärft. So warnte Bush mit Blick auf das iranische Atomprogramm vor einem Dritten Weltkrieg. Bis zum 15. Dezember soll Iran der Internationalen Atomenergiebehörde alle noch ausstehenden Fragen zu seinem Atomprogramm beantworten. Anschließend wird der UN-Sicherheitsrat über neue Sanktionen entscheiden.

Zwischenergebnisse der rund fünfstündigen Beratungen wurden bislang noch nicht bekannt geben. Es sei über verschiedene internationale Themen gesprochen worden, hieß es lediglich. Zum Abschluss der Begegnung in Crawford wollten sich Bush und Merkel am Samstagabend auf der Ranch den Fragen von Journalisten stellen. Anschließend fliegt Merkel mehr als zehn Stunden nach Deutschland zurück.

© AP/Reuters/dpa/AFP/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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