Bundeswehr-Skandal:"Die Totenruhe wurde nicht gestört"

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Im Skandal um die makaberen Totenschädelfotos von Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan haben die Staatsanwaltschaften München und Kiel jetzt die Verfahren gegen insgesamt drei Beschuldigte eingestellt.

Von Andreas Salch

"Der zunächst begründete Anfangsverdacht eines Vergehens der Störung der Totenruhe hat sich nicht bestätigt", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt am Landgericht München II, Rüdiger Hödl, ebenso wie sein Kieler Kollege, Oberstaatsanwalt Uwe Wick.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Totenschädel zum Zeitpunkt, als die Aufnahmen im April 2003 gemacht worden seien, in einem "vorwiegend mit Lehmboden bedeckten Gelände in der Nähe Kabuls" gelegen hätten, erklärte Hödl. Bei diesem Gebiet handle es sich nicht um eine "Beerdigungsstätte" im Sinne des Paragraphen 168 Absatz 2 Strafgesetzbuch. Alle drei Soldaten hatten sich mit den Knochen von Toten fotografieren lassen.

Wären die Fotos auf einem Friedhof entstanden, hätten die Soldaten wegen eines dort verübten "beschimpfenden Unfugs" strafrechtlich verfolgt werden können. Auf dem Areal, wo sich die zwei Soldaten, gegen die die Staatsanwaltschaft München II ermittelte, mit menschlichen Überresten fotografieren ließen, lägen nach wie vor zahlreiche Knochenteile, sagte Hödl.

Vermutlich handle es sich dabei um die sterblichen Überreste von sowjetischen Soldaten aus der Zeit des Afghanistan-Krieges. Der Ort, an dem sich die Knochen befänden, werde von den Einheimischen schon seit vielen Jahren für den Abbau von Lehm für Häuser benutzt. Auch im Jahr 2003, als die skandalösen Bilder entstanden sind, sei auf dem Gelände Lehm abgebaut worden.

"Nicht strafbar"

Eine Ordnungswidrigkeit wegen Belästigung der Allgemeinheit komme im vorliegenden Fall ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Vorfall sei bereits verjährt, hieß es. Die Staatsanwaltschaft München II hatte das Verfahren gegen die zwei Soldaten Ende Oktober von der Staatsanwaltschaft in Potsdam übernommen, da einer von ihnen aus Oberbayern kommt. Es handelt sich bei ihm um einen 25-Jährigen aus der Gebirgsjäger-Kaserne in Mittenwald.

Bereits Anfang November hatte die Staatsanwaltschaft Zweibrücken die Verfahren gegen drei Fallschirmjäger mit demselben Argument eingestellt, wie jetzt die Münchner Ermittler. Der Leitenden Oberstaatsanwalt in Zweibrücken, Eberhard Beyer, nannte die Fotos damals zwar pietätlos, "aber mit Sicherheit nicht strafbar". Die Staatsanwaltschaft München II prüft bisher kein weiteres Verfahren gegen Bundeswehrsoldaten wegen ähnlicher Vorfälle.

Die zuerst in der Bild-Zeitung veröffentlichen Totenschädelfotos von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan hatten im In- und Ausland große Empörung und Kritik an den deutschen Streitkräften hervorgerufen. Zahlreiche Soldaten waren daraufhin vom Dienst suspendiert worden.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums war für eine Stellungnahme am Donnerstag nicht zu erreichen. Nach Bekanntwerden der Totenschädelfotos hatte die Bundeswehr intern 5.500 Soldaten zu den Vorgängen in Afghanistan befragt. Darunter befanden sich 200 Vorgesetzte. Von diesen liegen 137 dienstliche Erklärungen vor.

© SZ vom 8.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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