Bundestagsdebatte zum Konjunkturpaket:"Krise als Chance"

Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Steinmeier verteidigen im Bundestag das neue Konjunkturpaket und geben sich optimistisch. Für die FDP "eine Frechheit", für die Linke "brutalstmögliche Umverteilungspolitik".

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das 50 Milliarden Euro schwere zweite Konjunkturpaket als "umfassende Antwort" auf die Wirtschafts- und Finanzkrise gewürdigt. "Wir wollen diese Krise nicht einfach überstehen", sagte sie in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. Deutschland solle gestärkt aus ihr hervorgehen. "Wir wollen diese Krise als Chance nutzen."

Bundestagsdebatte zum Konjunkturpaket: Verteidigt das Konjunkturpaket II: Kanzlerin Angela Merkel

Verteidigt das Konjunkturpaket II: Kanzlerin Angela Merkel

(Foto: Foto: AP)

Die Voraussetzungen seien nicht schlecht: "Deutschland ist im Kern gesund und stark", so Merkel.

Derzeit gebe es die erste umfassende Krise der Weltwirtschaft im Zeitalter der Globalisierung. In Deutschland habe sie zur schwierigsten wirtschaftlichen Lage seit Jahrzehnten geführt. Als einen Beleg dafür nannte Merkel den Auftragseinbruch bei der deutschen Schlüsselindustrie Maschinenbau um 30 Prozent allein im November, der am Mittwoch bekannt wurde.

Steinmeier: "Intelligentes Programm"

"Das sind Signale, die nicht übersehen werden dürfen und die zum Handeln auffordern", sagte Merkel. "Weil das so ist, ist Nichtstun keine Alternative." Die herkömmlichen Instrumente zur Krisenbewältigung reichten deswegen auch nicht aus, betonte die Kanzlerin. "Wir sind entschlossen, mit aller Kraft Deutschland durch die Krise zu bringen", sagte Merkel.

Die Bundesregierung will nur wirtschaftlich gesunden Unternehmen mit Bürgschaften helfen, die keine Kredite von Banken bekommen. "Es geht nicht um Betriebe, die Schwächen haben", sagte Merkel. Das Investitionsprogramm nannte sie einen "Qualitätssprung, der sonst viele Jahre gebraucht hätte". Merkel wies Kritik zurück, dass das Geld für Bildung nicht für Personal verwendet werde. "Es kann doch wohl nicht sein, dass wir die Schulen nicht renovieren, weil vielleicht irgendwo noch ein Lehrer fehlt." Zugleich werde bei Kinderbetreuung und Pflege vorrangig qualifiziert.

Nach Merkel verteidigte auch Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Milliardenpaket. In diesem Jahr werde sich die Politik bewähren müssen, sagte Steinmeier. "Mit Show und Palaver werden wir in diesem Jahr nicht durchkommen." Das "intelligente Konjunkturprogramm" diene dazu, dass Deutschland wieder moderner werde. In der Aussprache trat Steinmeier zum ersten Mal seit seiner Nominierung zum SPD-Kanzlerkandidaten in einer Bundestagsdebatte mit Merkel auf.

FDP und Linke erneuern scharfe Kritik

"Es ist bisher nichts anderes als das größte Schuldenpaket in der Geschichte unseres Landes", sagte dagegen FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle zu Beginn der folgenden Parlamentsdebatte. "Es wird wenig bringen, unglaublich viel kosten."

Die geplante Steuersenkung nannte er eine Entlastung auf "Taschengeldniveau", die Kassenbeitragssenkung sei "eine Frechheit". Er forderte eine weitergehende Steuerentlastung. Westerwelle warf der Koalition vor, mit dem Konjunkturpaket Wahlkampf zu betreiben. "Es wird mutmaßlich der teuerste Wahlkampf."

Der Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine kritisierte das Paket als "völlig unzureichend". Insbesondere werde viel zu wenig in die öffentliche Infrastruktur investiert, sagte er. Gleichzeitig kritisierte Lafontaine die Steuersenkungen, mit denen vor allem die Besserverdienenden entlastet würden. Die neuen Schulden, die dafür aufgenommen werden müssten, gingen dagegen auch zu Lasten kleiner Einkommen. Dies sei die Fortsetzung einer "brutalstmöglichen Umverteilungspolitik von unten nach oben", sagte der Linken-Vorsitzende.

Kabinett bringt Paket auf den Weg

Am Morgen hatte die Bundesregierung das am Montagabend von der Koalition geschnürte Konjunkturpaket II auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte das Vorhaben auf seiner Sitzung, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin mitteilte. Die Maßnahmen sollten nun zügig umgesetzt werden. Ziel sei es, alle notwendigen Gesetzesvorlagen am 27. Januar im Kabinett abschließend zu behandeln.

Zu dem 50-Milliarden-Konjunkturpaket gehören Investitionen vor allem in Verkehrswege und Schulen mit einem Gesamtumfang von knapp 18 Milliarden Euro. Hinzu kommen steuerlichen Erleichterungen, die Absenkung des Krankenkassenbeitrags, die Verbesserungen für Familien mit Kindern und die sogenannte Abwrackprämie beim Neuwagenkauf.

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