Bundesrat billigt EU-Reformvertrag:Wowereit beugt sich der Linkspartei

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Im Streit der rot-roten Berliner Koalition um den EU-Reformvertrag hat Bürgermeister Wowereit eingelenkt und sich im Bundesrat der Stimme enthalten. Alle anderen 15 Bundesländer stimmten dem Vertrag von Lissabon zu.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will sich bei der Bundesrats-Abstimmung über den EU-Reformvertrag enthalten. Das sagte Wowereit am Freitagmorgen vor der Abstimmung.

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, wird sich bei der Abstimmung zum EU-Reformvertrag enthalten (Foto: Foto: ddp)

Damit gibt er seinem Koalitionspartner Linkspartei nach. Die Linke hätte eine Ja-Stimme Wowereits als Bruch des rot-roten Koalitionsvertrags gewertet. Berlin wird damit das einzige deutsche Bundesland sein, das dem EU-Vertrag nicht zustimmt.

Wowereit sagte, die Linke habe sich nicht umstimmen lassen, weil sie unter dem Druck der Bundespartei stehe. Er habe eine ernsthafte Krise in der Koalition verhindern wollen. Wowereit hatte sich vorab für eine Zustimmung eingesetzt. Am Freitag kommentierte er sein Einlenken mit den Worten: "Das ist ein Entwicklung, die ich sehr bedauere."

Die Linke hatte aber verlangt, dass Berlin sich enthält. Die Linkspartei lehnt den EU-Vertrag als "neoliberal" und "militaristisch" ab.

Für den Koalitionspartner der SPD erklärte Wirtschaftssenator Harald Wolf im Sender Phoenix, die Linke lehne die EU-Reform ab, weil die Freiheit des Binnenmarkts über soziale Rechte gestellt werde. "Wir wollen ein soziale Charta in Europa".

Bei unterschiedlichen Meinungen der Koalitionspartner sieht die rot-rote Regierungsvereinbarung eine Enthaltung vor.

Alle anderen 15 Bundesländer billigten den neuen EU-Vertrag, womit die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wurde. Vor der Länderkammer hatte bereits der Bundestag den Vertrag gebilligt. Er soll die auf 27 Mitgliedstaaten angewachsene EU nach innen funktionsfähiger und nach außen handlungsfähiger machen.

Damit das Reformwerk, das die gescheiterte EU-Verfassung ersetzt, am 1. Januar 2009 in Kraft treten kann, muss es noch von den meisten Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Der Vertrag war im vergangenen Sommer unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft ausgehandelt und im Oktober in Lissabon unterzeichnet worden.

Unmittelbar nach dem Votum des Bundesrats zum EU-Reformvertrag von Lissabon sind die ersten Verfassungsbeschwerden gegen das Abkommen eingereicht worden. Nach Angaben einer Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe will der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler Bundespräsident Horst Köhler und der Bundesregierung durch eine einstweilige Anordnung untersagen lassen, das Zustimmungsgesetz zum EU-Vertrag "auszufertigen oder zu verkünden".

Auch die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) klagt nach eigenen Angaben gegen den Vertrag. "Die deutsche Staatlichkeit wird durch den Reformvertrag nahezu ganz beseitigt", kritisierte der ödp-Bundesvorsitzende Klaus Buchner.

Es sei noch nicht klar, wann über die Beschwerden entschieden werde, sagte die Gerichtssprecherin.

© dpa/AP/ihe/bosw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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