Bundespräsidentenwahl:SPD schickt Schwan gegen Köhler ins Rennen

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Gesine Schwan wird bei der Wahl des Bundespräsidenten für die SPD antreten und Amtsinhaber Horst Köhler herausfordern - ein Affront gegen die Union. Saarlands Ministerpräsident Müller denkt laut über ein Ende der großen Koalition nach und orakelt: "Besser ein Ende mit Schrecken ..."

Die Hochschulprofessorin Gesine Schwan tritt in einem Jahr für die SPD zur Wahl des Bundespräsidenten an. Der 45 Mitglieder zählende SPD-Vorstand nominierte die 65-Jährige einstimmig.

Die Nominierung Gesine Schwans als Bundespräsidentenkandidatin könnte für die große Koalition zur Zerreißprobe werden. (Foto: Foto: AFP)

Zuvor hatte sich bereits das SPD-Präsidium ohne Gegenstimme und Enthaltung für Schwan ausgesprochen. Damit steht Schwan erneut als Gegenkandidatin von Amtsinhaber Horst Köhler fest. Die SPD werde aber keinen Wahlkampf gegen Köhler führen, sagte SPD-Parteichef Kurt Beck. 2004 war Schwan Köhler knapp unterlegen.

Der Streit über die Bundespräsidentenwahl stellt die große Koalition vor eine Zerreißprobe. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bezweifelte, ob es noch eine ausreichende Grundlage für den Fortbestand der großen Koalition gibt. Man müsse nun prüfen, ob die Gemeinsamkeiten für eine weitere Zusammenarbeit noch ausreichend sind, sagte Müller vor einem Treffen der CDU-Spitze in Berlin.

Mit der beabsichtigten Kandidatur von Gesine Schwan bereite die SPD eine Koalition mit der Linkspartei vor. Das mache sie unglaubwürdig. Zu prüfen sei auch die Frage, "ob nicht ein Ende mit Schrecken besser sei als ein Schrecken ohne Ende".

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte, mit einer Kandidatur Schwans mache die SPD einen weiteren Schritt von der Mitte weg. Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach von einer "Belastung in der großen Koalition". Ihm fehle jedes Verständnis dafür, dass die SPD einen beliebten Bundespräsidenten nicht mehr mitwählen wolle.

Beckstein: Eklatanter Vertrauensbruch

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sprach von einer weiteren Belastung der Koalition, die aber nicht zu einem Ende des Bündnisses führen dürfe. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein nannte die erwartete Nominierung Schwans einen eklatanten Vertrauensbruch, der die Basis einer Koalition zerstöre. "Ich sehe, dass wir nicht mehr viel zustande bringen", sagte der CSU-Politiker dem Sender N24. Für Deutschland sei es schlecht, 16 Monate Stillstand zu haben.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies die Kritik aus der Union zurück. "Die große Koalition wird halten", sagte er in der ARD. Das Gerede über ein Ende des Bündnisses sei eine aufgeregte Diskussion in der CDU und vor allem in der CSU. Yoga täte zur Entspannung ganz gut, riet Heil.

Bereits am Wochenende hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder SPD-Chef Beck mit Blick auf dessen Absage an eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene Wortbruch vorgeworfen. Vor einem Bruch der großen Koalition warnten mehrere Politiker aus CSU und CDU.

CSU-Landesgruppenschef Peter Ramsauer hat der SPD die Verantwortung für die Gefährdung der großen Koalition zugewiesen. Ramsauer kritisierte erneut, dass die SPD eine eigene Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten aufstellt. Er verstehe nicht, dass sich die Sozialdemokraten als Koalitionspartner so verhielten, sagte er am Montag im Deutschlandfunk. Die erwartete Nominierung von Gesine Schwan sei "eine Art Notwehr-Reflex und alles andere als positiv für das Klima in der großen Koalition".

Ramsauer: Die Koalition scheitert nicht an der Union

Zu Äußerungen vor allem aus der CSU, die Union sollte auf ein schnelles Ende des Bündnisses mit der SPD drängen, sagte Ramsauer: "An der Union wird die große Koalition nicht scheitern. Wenn, dann passiert das wegen einer völlig führungs- und kopflosen SPD", bei der man sich nicht mehr auf Absprachen verlassen könne. Die Union habe klare Vorstellungen, welche Projekte die Koalition noch abschließen solle.

Dafür sei aber ein Koalitionspartner notwendig, "der weiß, was er will, und nicht in zig Flügel auseinanderrennt", sagte Ramsauer. "Wir sind ein verlässlicher Partner." Alles, was die SPD derzeit unternehme, unterstütze nur den Abwärtstrend der Partei in Richtung 20 Prozent. "Die nächsten 16 Monate in der Koalition ... zu überstehen wird damit natürlich nicht leichter", sagte Ramsauer.

Trotz des Streits um die SPD-Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl will die schwarz-rote Bundesregierung nach den Worten von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm ihre Arbeit fortsetzen. Es bestehe der feste Wille, an der großen Koalition festzuhalten, sagte er in Berlin.

Deshalb gehe er davon aus, dass die Arbeit der Bundesregierung sachorientiert weitergehen werde. Niemand innerhalb des Bündnisses von CDU, CSU und SPD ziehe das in Zweifel, meinte Wilhelm. Er verwies darauf, dass der Koalition viel gelungen sei, unter anderem die Senkung der Arbeitslosenzahlen sowie der Lohnnebenkosten.

Ungeachtet dessen habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich gemacht, dass das Koalitionsklima wegen der Nominierung Schwans belastet ist, fügte der Sprecher hinzu. Dennoch gingen sowohl die CDU-Chefin als auch die SPD-Chef Beck und der CSU-Parteivorsitzende Erwin Huber davon aus, dass die Sachpolitik in der Koalition fortgesetzt werde.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/AP/dpa/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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