Bundespräsidentenwahl:Protest gegen CDU-Wahlmann Filbinger

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Ein Streit über die Nominierung von Hans Filbinger als CDU-Wahlmann droht die Bundespräsidentenwahl zu belasten. Die PDS und zahlreiche Intellektuelle bezichtigten die CDU eines peinlichen Missgriffs und appellierten an Unionskandidat Köhler, auf die Stimme eines früheren NS-Richters zu verzichten.

Der Dramatiker Rolf Hochhuth bezichtigte Köhler in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief, sich mit Filbinger auf eine Stufe zu stellen.

Drei Tage vor der Bundespräsidentenwahl am Sonntag in Berlin sagte PDS-Chef Lothar Bisky der Nachrichtenagentur AP, mit dem Schielen nach dem rechten Rand gefährde die CDU das internationale Ansehen des obersten Repräsentanten des deutschen Volkes. Er warf der CDU vor, aus dem "Fall Hohmann" nichts gelernt zu haben.

Die PDS-Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch sagte, "Herr Köhler soll sich drei Mal überlegen, ob er auf die Stimme von Herrn Filbinger zählt." Der deutsche PEN-Club sprach von einer "skandalösen Missachtung und Beschädigung dieses Wahlgremiums".

"Die Stimme Filbingers wird ein Makel sein"

Die Schriftstellervereinigung PEN verwies auf die Rolle Filbingers als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg. "Damit gibt ein Mann in Vertretung des Volkes seine Stimme ab, der noch in den letzten Kriegsmonaten an Todesurteilen gegen Deserteure mitgewirkt hat", erklärte das PEN-Präsidium und fügte hinzu: "Wer immer am Sonntag zum Staatsoberhaupt ernannt werden wird: Die Stimme Filbingers wird ein Makel sein."

Laut Spiegel Online schrieb Hochhuth an Köhler, die Würdelosigkeit des Vorgangs liege nicht bei Filbinger, der sich ja "niemals vorgestellt hat, was er eigentlich angestellt hat".

Vielmehr begebe sich der neue Präsident auf Filbingers Niveau, "wenn er sich von einem ruchlosen Soldatenmörder ins Amt einführen lässt". Er hoffe, "dass nicht wenige unserer Abgeordneten die Konsequenz aus dieser ekelhaften Brandmarkung des deutschen Volkes ziehen - und die Gegenkandidatin wählen", sagte Hochhuth.

Filbinger ist mit 90 Jahren das älteste Mitglied der Bundesversammlung. Er wurde vom baden-württembergischen Landtag in das Gremium entsandt. Als Marinerichter in der NS-Zeit war Filbinger bis kurz vor Kriegsende an der Verhängung von Todesurteilen beteiligt. Nachdem dies bekannt geworden war, musste er 1978 als baden-württembergischer Ministerpräsident zurücktreten.

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