Bundesparteitag in Kiel:Grüne setzen auf Bürgerversicherung

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Die Grünen wollen die Bürgerversicherung zum zentralen Reformthema im Bundestagswahlkampf 2006 machen. Auf ihrem Bundesparteitag beschlossen die Delegierten ein Konzept zur Umgestaltung des Gesundheitssystems. In dessen Finanzierung sollen künftig alle Bürger und alle Einkommensarten einbezogen werden.

Von Reymer Klüver

Berlin - Neben den Bezügen aus Arbeitseinkommen sollen auch Kapitaleinkünfte und Mieteinnahmen erfasst werden. Nicht nur abhängig Erwerbstätige, auch Beamte und Selbstständige sollen in die Bürgerversicherung einzahlen.

Versicherte sollen allerdings frei zwischen gesetzlichen und privaten Krankenkassen wählen können. Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde abgelehnt.

Parteichef Reinhard Bütikofer sagte, die Bürgerversicherung werde das Gesundheitswesen solidarischer gestalten. Sie werde mehr Wettbewerb zwischen den Kassen schaffen. Die Wachstumsbranche Gesundheitswesen werde eine "nachhaltige Finanzierung" erhalten.

Klar ist jedoch, dass die Grünen die Bürgerversicherung zusammen mit der SPD im Bundestagswahlkampf 2006 gegen die von der CDU favorisierte Gesundheitspauschale setzen wollen.

Die Eckpunkte der Grünen unterscheiden sich aber zum Teil deutlich von den Vorstellungen des Koalitionspartners. So will die SPD Mieten und Pachten nicht einbeziehen und Ehepartner weiter mitversichern.

Der Vorschlag des Ex-Haushaltsexperten der grünen Bundestagsfraktion, Oswald Metzger, die Bürgerversicherung durch eine modifizierte Kopfpauschale zu ersetzen, wurde abgelehnt.

Bütikofer und Roth als Doppelspitze

Bereits am Samstag hatte die Partei eine neue Doppelspitze bestimmt. Parteichef Bütikofer wurde mit 85 Prozent der Stimmen bestätigt. Als Nachfolgerin Angelika Beers wurde Claudia Roth zur Vorsitzenden gewählt.

Sie erhielt gut 77 Prozent der Stimmen. In mehreren Punkten lehnten die Delegierten die Politik der Bundesregierung ab. So wandte sich eine Mehrheit gegen die vom Bundessicherheitskabinett beschlossene Lieferung von 20 Fuchs-Transportpanzern in den Irak.

Bundesaußenminister Joschka Fischer hatte dies ausdrücklich befürwortet. Zudem lehnte die Mehrheit die von Innenminister Otto Schily (SPD) vorgeschlagenen Flüchtlingsauffanglager in Nordafrika ab.

Bütikofer griff im Gegensatz zur Bundesregierung den russischen Präsidenten Wladimir Putin an. "Russland ist dabei, auf einen autoritären Weg abzugleiten", sagte er. "Wir Grünen müssen so etwas thematisieren."

Bei der inneren Sicherheit stellen sich die Grünen Gesetzen entgegen, die nicht einen erheblichen Gewinn an Sicherheit bringen. Als Reaktion auf die Terrorgefahr befürworten sie allerdings die Zusammenlegung der 16 Landesämter für Verfassungsschutz zu sechs Behörden.

© SZ vom 4. Oktober 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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