Bundesländer:Unerwartete Überschüsse

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Den Bundesländern geht es finanziell überraschend gut, der Überschuss beträgt mehr als acht Milliarden Euro - das weckt Begehrlichkeiten.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

An die Rekordüberschüsse des Bundes haben sich die Bürger in den vergangenen vier Jahren gewöhnt. Nun melden auch die Länder außergewöhnlich volle Haushaltskassen. Gut gefüllte Auftragsbücher, Rekorde bei der Beschäftigung und Bürger in Konsumlaune haben den 16 Bundesländern in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 insgesamt einen Haushaltsüberschuss von 8,4 Milliarden Euro beschert. Die Länder haben damit über 4,4 Milliarden Euro mehr in ihren Kassen als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Das geht aus Daten des Bundesfinanzministeriums hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Die unerwarteten Überschüsse der Länder werden Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die wahlkämpfende Union freuen. Sowohl CDU als auch CSU haben für die nächste Legislaturperiode Steuersenkungen von mindestens 15 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Sie wollen vor allem die Einkommensteuer senken, und zwar ohne anderswo Steuern zu erhöhen und den Betrag gegenzufinanzieren. Das würde bedeuten, dass auch die Bundesländer auf Einnahmen verzichten müssten. Bei der Lohn- und Einkommensteuer teilen sich Bund, Länder und Kommunen die Einnahmen. Bundesparteien, die Steuersenkungen versprechen, brauchen nach der Wahl dazu also auch die Zustimmung der Länder.

Bundesfinanzminister Schäuble lässt keinen Zweifel daran, dass er die Länder in die Pflicht nehmen will. "Es kann jedenfalls nicht sein, dass der Bund alle Steuersenkungen alleine trägt", unterstrich der dienstälteste CDU-Politiker zuletzt zu Beginn der Sommerpause. "Die Länder profitieren genauso von den guten Einnahmen und müssen ihren Anteil an den Steuerentlastungen tragen."

In den vergangenen Jahren haben die Länder Steuersenkungen stets mit Verweis auf die schlechte Kassenlage abgelehnt. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass sich die Grundhaltung geändert hat, wonach der Bund alleine Ausfälle bei den Einnahmen tragen soll. Der noch amtierende Ministerpräsident Niedersachsens, Stephan Weil (SPD), hatte im Juli ein Konzept für Steuersenkungen vorgelegt, die über die Abschaffung des Soli-Zuschlages finanziert werden sollten - also zulasten des Bundes, dem die Erlöse aus dem Soli komplett zufließen. Er sei sehr für Steuersenkungen, hatte Weil gesagt. Diese könne der Staat auch bezahlen. "Aber der Staat, das ist in diesem Falle der Bund." Zur Begründung verwies er zudem auf die Haushaltsnotlageländer Saarland und Bremen und auf die ostdeutschen Länder. Die Länder könnten nicht gleichzeitig Steuern senken und die Schuldenbremse einhalten.

Tatsächlich hatten die Planungen der Bundesländer für das Jahr 2017 insgesamt ein Finanzierungsdefizit von 5,7 Milliarden Euro ausgewiesen. Nach den ersten sieben Monaten liegen sie allerdings bereits mit 8,4 Milliarden Euro im Plus, also mit mehr als 14 Milliarden Euro über Plan. Aufgrund der soliden wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt ist auch für den Rest des Jahres kein Einbruch zu erwarten.

Dass die Kassen insgesamt so gut gefüllt sind, liegt insbesondere an überdurchschnittlichen Steuereinnahmen (plus acht Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) und zusätzlichen Verwaltungseinnahmen, darunter Bundeszuschüsse (knapp plus fünf Milliarden Euro).

Die gute Länderentwicklung wird vor allem von Bayern getragen, das mit knapp drei Milliarden Euro im Plus liegt. Vergleichsweise hohe Überschüsse verzeichnen auch Niedersachsen, Hamburg, Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Den Daten zufolge liegen alle ostdeutschen Länder im Plus, ebenso alle Stadtstaaten. Lediglich Nordrhein-Westfalen und das Saarland weisen ein Defizit aus. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen hat sich in den vergangenen Jahren die ohnehin problematische Lage einiger strukturschwachen Regionen weiter verschlechtert. Viele Gebiete können zudem mit der dynamischen Entwicklung rund um Großstädte nicht mithalten.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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