BND-NSA-Affäre:Zu den Akten

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Die Opposition beklagt ein "Mauern" des Kanzleramtes, die Übergabe der Selektorenliste an einen Sonderermittler ist Linken und Grünen zu wenig. Sie wollen, dass die Kontrollgremien die Liste erhalten.

Von Robert Roßmann, Berlin

Grüne und Linke haben in einer Aktuellen Stunde des Bundestags zur BND-NSA-Affäre schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben. Dabei ging es vor allem um die Selektorenliste, also die bisher geheime Liste der Spionageziele der NSA. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, der Linken-Abgeordnete André Hahn, sagte, die Opposition erlebe "Mauern, Hinhalten, die Schwärzung von Akten, das Verhindern von Sondersitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses zur Vernehmung der verantwortlichen Kanzleramtsminister - und jetzt sogar die komplette Verweigerung der Herausgabe ganz zentraler Beweismittel für Rechts- und Vertragsbrüche der US-Geheimdienste". Diese Rechtsbrüche müssten Konsequenzen haben, sagte Hahn. Das Parlamentarische Kontrollgremium und der NSA-Untersuchungssauschuss könnten die Rechtsbrüche aber nur dann vollständig aufklären, wenn sie die Akten bekämen "und deshalb müssen sie auf den Tisch".

Die Bundesregierung verweigert bisher die Herausgabe der Selektorenliste an das Kontrollgremium und den Untersuchungsausschuss. Derzeit läuft ein Konsultationsverfahren mit den USA über Modalitäten einer möglichen Freigabe. Vor dessen Abschluss will die Regierung keine Entscheidung über eine Herausgabe der Liste treffen. Die beiden Koalitionsfraktionen favorisieren derzeit die Übergabe der Liste an einen Sonderermittler, statt an die Kontrollgremien des Bundestags. Union und SPD wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die Liste geheim bleibt und dadurch keine deutschen Sicherheitsinteressen gefährdet werden können.

Hahn sagte, der Untersuchungsausschuss und das Parlamentarische Kontrollgremium würden sich nicht "abspeisen lassen". SPD-Chef Sigmar Gabriel habe wegen der Selektorenliste sogar von einer möglichen Staatsaffäre gesprochen und verlangt, dass die Regierung Rückgrat statt Unterwürfigkeit gegenüber den USA zeigen müsse und die Liste auch ohne Billigung der USA freigegeben werden sollte. Jetzt müsse die SPD auch in der Praxis Rückgrat zeigen, forderte Hahn. Ein Sonderermittler könne "bestenfalls unterstützend tätig werden", aber nicht die Arbeit der Kontrollgremien ersetzen. Auch der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte die Sozialdemokraten auf, den Worten endlich auch Taten folgen zu lassen.

Ströbeles Fraktionskollege Konstantin von Notz warf dem Kanzleramt vor, bei der Aufsicht über den Geheimdienst zehn Jahre lang "geschlampt" zu haben. Die Probleme seien dort seit 2005 bekannt gewesen. "Allerspätestens" seit den Snowden-Veröffentlichungen im Sommer 2013 hätte jedem die Dimension des Problems klar sein müssen. Trotz der eindeutigen Erkenntnisse habe es das Kanzleramt aber unterlassen, die deutschen Interessen zu schützen. Dieses "Durchwurschteln" sei der erklärte Politikstil der Bundeskanzlerin. Hier sei er ihr aber "voll auf die Füße" gefallen. Und das mache die BND-NSA-Affäre jetzt auch zu ihrer Affäre.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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