BND-Einsatz im Irak:"Agenten haben eher einen Orden verdient"

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Heute wollen die Oppositionsparteien entscheiden, ob ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Die Pläne stoßen jedoch auf heftige Kritik: Der ehemalige Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Volker Neumann (SPD), hält einen solchen Ausschuss für überflüssig.

Untersucht werden sollen die Aktivitäten deutscher Geheimdienste während des Irak-Kriegs und in Geheimgefängnissen. Die Ausschusses kann eingesetzt werden, wenn FDP, Grüne und Linkspartei dafür stimmen.

Fürsprecher Steinmeiers: Jürgen Trittin (Foto: Foto: Reuters)

Der FDP-Fraktionsvorstand empfahl seinen Abgeordneten gestern Abend, einen solchen Ausschuss zu beantragen. Auch die Grünen-Fraktion wird voraussichtlich dafür stimmen. Die Linkspartei macht sich schon länger für ein entsprechendes Gremium stark.

"Pflicht zur völligen Geheimhaltung ist falsch"

Vor dem Hintergrund der BND-Irak-Affäre fordern Grüne und Linke im Bundestag eine Lockerung der strikten Geheimhaltungsregeln des Parlaments. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Christian Ströbele sagte der Berliner Zeitung: "Die Pflicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur völligen Geheimhaltung ist falsch."

Ströbele sitzt für die Grünen in dem geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), das die Geheimdienste kontrollieren soll. Zuletzt hatte der Ausschuss am Freitag von der Bundesregierung Informationen über die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes während des Irak-Krieges erhalten.

"Es ist absurd, dass ich nicht einmal meine Fraktionsspitze über die Diskussionen im PKG informieren darf", sagte Ströbele. Nach Ansicht der Grünen gibt es aber auch Grenzen der Transparenz. So dürften laufende Operationen der Nachrichtendienste und Menschenleben nicht gefährdet werden, forderte Ströbele. Auch dürfe die Zusammenarbeit der deutschen mit ausländischen Diensten - und damit wichtige Sicherheitsinteressen - nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Die Grünen-Fraktion will heute auch eine Novellierung des Kontrollgremiumgesetzes beschließen, wie Fraktionschefin Renate Künast am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin ankündigte. Hier gebe es eine Menge Mängel. So dürften zum Beispiel PKG-Mitglieder wegen der Verschwiegenheitspflicht nicht ihre Fraktionsvorsitzenden informieren.

Der rechtspolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Neskovic, forderte ebenfalls eine Erweiterung der PKG-Kompetenzen. Die Mitglieder müssten wenigstens abgeschlossene Vorgänge offen bewerten dürfen, sagte das PKG-Mitglied.

Trittin stärkt Steinmeier den Rücken

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sprach sich gegen die vorschnelle Forderung nach Konsequenzen aus der BND-Irak-Affäre aus.

"Es gibt derzeit überhaupt keinen Grund, über einen Rücktritt von Außenminister Frank-Walter Steinmeier nachzudenken, denn es liegen für ein Fehlverhalten überhaupt keine Indizien vor", sagte Trittin in der n-tv-Sendung "Das Duell" am Montagabend. SPD-Außenminister Steinmeier war unter Rot-Grün als Kanzleramtschef für die Geheimdienste zuständig.

Neumann: Untersuchungsausschuss überflüssig

Der ehemalige Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), Volker Neumann (SPD), hält den von der Opposition geplanten Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des BND während des Irak-Krieges für überflüssig.

Ein Untersuchungsausschuss sei weder "das geeignete Instrument noch gebe es Anhaltspunkte, dass die erhobenen Vorwürfen einen wahren Kern beinhalten", sagte Neumann der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er könne die öffentliche Aufregung über die angebliche BND-Affäre deshalb nicht nachvollziehen.

"Die BND-Mitarbeiter haben eher einen Orden verdient, als dass sie jetzt in der Öffentlichkeit mit Kritik überzogen werden", erklärte Neumann. Die Mitarbeiter hätten während des Irak-Krieges "unter Lebensgefahr unabhängige Informationen über den Kriegsverlauf" gesammelt. Das sei der erklärte Wille der Bundesregierung gewesen, die damit auf "schlechte Erfahrungen aus dem ersten Golf-Krieg" reagiert habe, betonte der SPD- Politiker.

Nehm prüft Anzeigen gegen BND

Generalbundesanwalt Kay Nehm wird mehrere Anzeigen wegen der Aktivitäten des BND im Irak-Krieg prüfen. Wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft dem Tagesspiegel sagte, gingen am Montag mehrere Anzeigen wegen strafbarer "Vorbereitung eines Angriffskriegs" ein.

"Wir müssen uns erst über den Sachverhalt Klarheit verschaffen", sagte sie in Anspielung auf Berichte der vergangenen Tage, denen zufolge BND-Beamte die USA mit Informationen über das Kriegsgeschehen und möglicherweise sogar über militärische Ziele versorgt haben sollen. Ermittlungen wegen der Gewährung von Überflugrechten für die USA hatte die Behörde 2003 abgelehnt.

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