BKA-Gesetz:Geplant: Die totale Überwachung

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Innenminister Schäuble und Justizministerin Zypries haben sich geeinigt, dem BKA weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre zu gestatten: Ihr Entwurf sieht vor, dass die Polizei künftig nicht nur Wanzen, sondern auch Kameras in den Wohnungen von Terrorverdächtigen installieren darf.

Annette Ramelsberger

Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben sich das Innen- und das Justizministerium auf tiefgehende Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Vertraulichkeit privater Gespräche geeinigt, die bisher als politisch undurchsetzbar galten. Um die Gefahr von Terroranschlägen abzuwenden, soll das Bundeskriminalamt (BKA) in Zukunft nicht nur Wanzen in den Wohnungen von Terrorverdächtigen anbringen dürfen, es soll diese Wohnungen sogar mit Kleinst-Kameras bestücken können, um live mitzuverfolgen, was die Verdächtigen gerade tun.

Weitreichende Einigung: Innenminister Schäuble und Justizministerin Zypries (Foto: Foto: Reuters)

Zum Beispiel, ob sie dabei sind, eine Bombe zu bauen, während sie vorgeben zu kochen oder zu beten. Diese Überwachung soll bis zu einen ganzen Monat lang dauern dürfen. So steht es in dem Gesetzentwurf zur Reform des Bundeskriminalamtes, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Auch Privates und Intimes

Dass sich eine solche Rundum-Überwachung von Verdächtigen politisch durchsetzen lässt, wurde bisher sogar bei den Sicherheitsbehörden bezweifelt. Nun stehen diese Eingriffe plötzlich im von Wolfgang Schäuble (CDU) und Brigitte Zypries (SPD) vereinbarten Gesetzentwurf - ohne dass in der Öffentlichkeit auch nur ansatzweise darüber diskutiert wurde. Der monatelange Streit um die Online-Durchsuchung von privaten Computern hat den Vorstoß für den Spähangriff völlig überdeckt.

Auch ein weiteres bisher höchst umstrittenes Fahndungs-Instrument steht nun im BKA-Gesetz: Terrorverdächtige sollen in Zukunft automatisch abgehört werden dürfen - und zwar alles, was sie sagen, auch sehr private und intime Details. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil zum großen Lauschangriff verfügt, dass die Polizei ihre Wanzen abschalten muss, wenn die Verdächtigen private Lebensäußerungen machen, die nichts mit dem Terrorverdacht zu tun haben. Diese Einschränkung hatte die Zahl der Abhörmaßnahmen auf ein halbes Dutzend im vergangenen Jahr sinken lassen.

Die Polizei hatte das Abhören in Wohnungen so stark zurückgefahren, weil sie die vom Verfassungsgericht vorgegebene Regelung für nicht praxis-tauglich hielt. Lieber verzichtete man ganz darauf. Das wird sich nun ändern.

Denn Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung zur Online-Durchsuchung auch erklärt, dass private Äußerungen, die nur zur Tarnung von Verbrechen gemacht werden, nicht geschützt sind. Das nützt das neue BKA-Gesetz nun.

Ausdrücklich steht in dem Entwurf, dass die Wanzen nun nicht mehr abgeschaltet werden müssen, wenn aus dem Plan zum Bombenbau plötzlich privates Liebesgesäusel wird. Nun wird alles aufgenommen. Erst ein Richter soll entscheiden, was auf dem Band intime Lebensäußerungen sind und was der Verhinderung von gefährlichen Verbrechen dienen kann.

Dieses sogenannte Richterband hatte die SPD bisher ebenfalls abgelehnt - nun steht es plötzlich im Gesetz. Offenbar hat sich Innenminister Schäuble auf breiter Front gegen die Vorbehalte der SPD und von Justizministerin Zypries durchgesetzt.

Im Vergleich zu diesen weitgehenden Eingriffen ist die Frage, ob zur Installation von Abhörprogrammen für Computer die Wohnung betreten werden darf, geradezu nachrangig. Denn vermutlich waren die Fahnder längst da und haben Wanzen und Kameras installiert. Denn das ist ausdrücklich erlaubt.

© SZ vom 18.4.2008/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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