BKA-Gesetz abgelehnt:Von wegen Bürgerrechte

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Die Länder für ihre Weisheit zu loben, weil sie Innenminister Schäuble eins ausgewischt haben, dürfte reichlich verfrüht sein. Es geht um knallharte Interessenpolitik.

Thorsten Denkler, Berlin

Der Bundesrat will weder dem umstrittenen BKA-Gesetz von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zustimmen, noch fand sich eine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren.

Schäuble ohne Zustimmung im Bundesrat. (Foto: Foto: ddp)

Das ist zunächst mal eine gute Nachricht für alle Gegner des BKA-Gesetzes, mit dem der Bund seine neuen Zuständigkeiten in der Bekämpfung des internationalen Terrorismus regeln will. Und eine so nicht ganz erwartete Nachricht: Schließlich verfügt die große Koalition über eine - wenn auch knappe - Mehrheit in der Länderkammer.

Dass die Mehrheit auf der Kippe steht, ist seit einigen Wochen bekannt. Der Bundesrat sieht sich deshalb neuerdings von einer Welle der Sympathie getragen. Endlich machen die mal was richtig. Der Bundesrat als wahrer Schützer der Grundrechte, der dem Sheriff Schäuble die kalte Schulter zeigt.

In der Tat scheint jetzt der Weg frei zu sein, die größten Kritikpunkte an dem Gesetz aus dem Weg zu räumen. Gestorben ist das Gesetz mit der Entscheidung des Bundesrates an diesem Freitag nicht - alle wollen es, nur eben nicht in dieser Form.

Deshalb wird aller Wahrscheinlichkeit nach in der kommenden Woche die Bundesregierung per Kabinettsbeschluss den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen, der dann möglichst schnell ein Ergebnis bringen soll. Über das Gesetz könne dort in "wenigen Minuten" Einigkeit erzielt werden, verspricht Wolfgang Böhmer, CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.

Das mit den "wenigen Minuten" aber sollte die Gegner des BKA-Gesetzes stutzig machen. Ihre und die von einigen Ländern formulierte Kritik erscheint nämlich so grundsätzlich, dass eher Nachtsitzungen gefragt sein dürften als eine Entscheidung beim Nachmittagskaffee.

Drei Punkte sind es, die den Ländern aufstoßen: Sie beanstanden die Möglichkeit einer Eilentscheidung des BKA-Präsidenten, wenn er glaubt, es müsse schnell und dringend eine Online-Durchsuchung angeordnet werden. Die Länder wollen, dass immer erst ein Richter gefragt wird.

Zum Zweiten soll das Zeugnisverweigerungsrecht unangetastet bleiben. Schäuble hat hier Einschränkungen besonders für Journalisten und Anwälte vorgesehen.

Zum Dritten aber - und das könnte der in Wahrheit springende Punkt für die Länder sein - sollen die Landeskriminalämter gegenüber dem BKA gestärkt werden.

Wie wichtig Letzteres ist, zeigt, dass dieser Punkt sämtliche Änderungswunschlisten der Länder anführt. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat mit seiner Intervention im Vorfeld der Bundesratsentscheidung womöglich die wahre Ursache für die plötzliche Zurückhaltung einiger Länder offenbart. Die Gefahrenabwehr, sagte er, sei eben "grundsätzlich Ländersache". Er halte eine "zentrale Wasserkopfbehörde wie das FBI für schlechter als unsere dezentrale Länderpolizei".

Damit ist nicht auszuschließen, dass darin schon die Lösung des Problems für die Länder liegt: Etwas mehr Zuständigkeit für die Länder, und die Sache mit den Online-Durchsuchungen und dem Zeugnisverweigerungsrecht ist vergessen. Das wäre tatsächlich eine Sache von wenigen Minuten.

Jedenfalls ist es jetzt verfrüht, von einem Sieg für die Bürgerrechte zu sprechen, nur weil der Bundesrat sich der Zustimmung zu dem Gesetz knapp entzogen hat. Der Bundesrat hat nicht mehr getan, als seine Interessen unter veränderten Mehrheitsverhältnissen nach der Wahl in Bayern zu wahren.

Die Mehrheit für die große Koalition im Bundesrat ist inzwischen schlicht so knapp geworden, dass die Länder jetzt wieder mitreden können. Und weil sie es können, machen sie es auch. Das BKA-Gesetz ist da nur ein besonders augenfälliges Beispiel.

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