BGH zu Unterhaltsrecht:Was bekommt die Ex-Frau? Was die Kinder?

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Geschiedene Mütter können bis zu drei Jahren nach der Geburt Unterhalt vom Vater des Kindes verlangen. Und danach? Der BGH muss die Situation klären.

Helmut Kerscher

Der Familiensenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat erstmals seit der Reform des Unterhaltsrecht am 1. Januar 2008 einen Fall zu entscheiden, in dem die geschiedene Mutter eines Kindes auf "nachehelichen Betreuungsunterhalt" klagt.

Nach einem neuen Gesetz kann die Mutter den nachehelichen Betreuungsunterhalt für "mindestens drei Jahre nach der Geburt" verlangen. Und danach? (Foto: Foto: ddp)

Der BGH muss dabei am Mittwoch die Bedeutung des dritten Geburtstags ehelicher Kinder klären. Nach dem neuen Gesetz kann die Mutter den nachehelichen Betreuungsunterhalt für "mindestens drei Jahre nach der Geburt" verlangen. Und danach? Verlängerungen über den dritten Geburtstag hinaus seien möglich, heißt es im Gesetz, "solange und soweit dies der Billigkeit" entspreche. Die Frage ist, was genau darunter zu verstehen ist.

Dies soll nun der BGH leisten. Der Gesetzgeber hat den Familiengerichten als Auslegungshilfe lediglich mitgegeben, dass das Kindeswohl und die Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen seien.

Im konkreten Fall geht es um eine Berliner Studienrätin, die einen heute siebenjähriges Sohn aus einer mittlerweile geschiedenen Ehe betreut. Das an chronischem Asthma leidende Kind besuchte nach dem dritten Geburtstag eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung.

Seit dem Sommer 2007 geht der Bub zur Schule. Seine Mutter ist seit Sommer 2002 zu 70 Prozent der regulären Arbeitszeit berufstätig und verlangt vom Ex-Ehemann Betreuungsunterhalt. Das Amtsgericht sprach ihr diesen in Höhe von monatlich 837 Euro zu, was das Kammergericht Berlin bestätigte. Dagegen wehrt sich der Ex-Gatte. Er will nur die Hälfte bezahlen und auch diese nur bis zum 30. Juli 2009. Seine geschiedene Frau, argumentiert er, sei zu einer Vollzeitarbeit verpflichtet.

Nach der alten Rechtslage hätte der Mann keine Chance gehabt. Bis zum 8. Geburtstag des Kindes wäre seine frühere Frau gar nicht zur Erwerbsarbeit verpflichtet gewesen, danach einige Jahre lang lediglich zu Teilzeitarbeit. Der dritte Geburtstag eines Kindes war nur für getrennt lebende Paare ohne Trauschein von Bedeutung. Mit diesem Geburtstag endete im Regelfall die Unterhaltspflicht von Vater oder Mutter; sie konnte nur in Ausnahmefälle verlängert werden.

Mit dieser unterschiedlichen Behandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern machte das Bundesverfassungsgericht im Mai 2007 Schluss. Es verlangte vom Gesetzgeber eine gleiche Behandlung für beide Gruppen. Die große Koalition korrigierte daraufhin ihren mühsam erarbeiteten Kompromiss und erweiterte die Erwerbspflicht von Geschiedenen. Seit Anfang 2008 gilt auch für sie die Drei-Jahres-Regel, von der jedoch Ausnahmen zulässig sind.

Über Voraussetzungen und Reichweite der Ausnahme-Regelung müssen seitdem die Familiengerichte entscheiden. Mehr als früher werden dabei die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Manche Gerichte orientieren sich mehr am 3. Geburtstag, andere mehr am früheren Altersphasen-Modell. Der BGH soll nun klären, in welche Richtung die Reise weitergeht.

Das Gericht wird kein starres Modell vorschreiben, sondern einige Kriterien für die Erwerbspflicht geschiedener Mütter entwerfen. Der BGH muss vor allem sagen, wann ihnen eine eigene Vollzeitarbeit zumutbar ist. Im zu entscheidenden Fall wird eine Rolle spielen, dass eine Vollzeitbetreuung des Kindes in der Schule gesichert ist.

© SZ vom 17.03.2009/akh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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