Besuch in Tschechien:Im Gespräch bleiben

Lesezeit: 1 min

Angela Merkel am Donnerstag bei der Pressekonferenz in Prag. Die Kanzlerin ist derzeit auf Europa-Tour. (Foto: Filip Singer/dpa)

Kanzlerin Angela Merkel wird in Prag für ihre Flüchtlingspolitik kritisiert. Die tschechische Regierung wehrt sich nach wie vor gegen feste Flüchtlingsquoten.

Die tschechische Regierung hält an ihrem Widerstand gegen eine andere Verteilung der Schutzsuchenden in Europa fest. "Wir können keinem System zustimmen, dass auf verpflichtenden Quoten zur Umverteilung von Flüchtlingen besteht", betonte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Prag. Die CDU-Politikerin betonte: "Ich denke, wir bleiben im Gespräch." Der Besuch der Kanzlerin in der tschechischen Hauptstadt wurde begleitet von mehreren Demonstrationen - einige EU-Freunde standen dabei zahlreichen Zuwanderungsgegnern und Rechtspopulisten gegenüber. Es gab Pfiffe, ein Plakat lautete: "Frau Merkel, kein Diktat, sonst Czexit."

Präsident Milos Zeman hatte die Politik der Kanzlerin als "Unsinn" bezeichnet

Merkel lobte das gute Verhältnis zu Prag in anderen Bereichen als der Migrationspolitik. "Dass die Beziehungen so gut sind, hängt auch stark mit der Arbeit von Bohuslav Sobotka zusammen - das trägt Früchte", betonte sie. Anfang Oktober tritt ein neues Polizeiabkommen in Kraft, das unter anderem vorläufige Festnahmen im jeweils anderen Land ermöglicht. "Das wird die Situation auch im grenznahen Bereich deutlich verbessern", sagte Merkel. Auf ihrer Reise durch Osteuropa war Merkel zuvor aus der estnischen Hauptstadt Tallinn nach Prag geflogen. Dort hatte sie die EU-Staaten angesichts des geplanten britischen Austritts aus der Staatengemeinschaft ("Brexit") zu verstärkten Reformbemühungen aufgefordert. "Ich glaube, es kann uns gelingen, den Entschluss Großbritanniens zu verkraften", sagte Merkel. Die EU solle den Austritt Großbritanniens zum Anlass nehmen, um offenbar gewordene Schwächen der Staatengemeinschaft abzustellen und die EU insgesamt zu stärken, sagte die Kanzlerin. "Wir haben einen Prozess des Nachdenkens begonnen, um auszuloten, wo wir uns vor allem weiter entwickeln müssen." Beim EU-Sondergipfel im slowakischen Bratislava am 16. September werde es aber noch nicht darum gehen, "konkrete Entscheidungen zu treffen", betonte sie. Vielmehr werde es zunächst das Ziel sein, "Themen zu identifizieren, bei denen wir uns voran bewegen müssen", sagte Merkel.

Am Abend traf Merkel Präsident Milos Zeman, der ihre Willkommenspolitik für Flüchtlinge zuvor als "Unsinn" und "falschen Humanismus" bezeichnet hatte. Am Freitag wird Merkel in Warschau mit den Regierungschefs der Visegrad-Staaten zusammenkommen, die ihre Willkommenspolitik ablehnen. "Ich glaube nicht, dass es eines Moderators zwischen der Visegrad-Gruppe und Deutschland und Frankreich bedarf", betonte sie. Die Visegrad-Staaten umfassen Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn.

© SZ vom 26.08.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: