Bespitzelung durch Bundesnachrichtendienst:Wertlose Entschuldigung

Der Bundesnachrichtendienst hat sich mal wieder bei Journalisten entschuldigt - für die Geheimniskrämerei, die in der Organisation offenbar zur Corporate Identity gehört. Es ist höchste Zeit für eine Reform.

Annette Ramelsberger

Es passiert in regelmäßigen Abständen: Der Bundesnachrichtendienst (BND) entschuldigt sich wieder einmal bei Journalisten; diesmal bei der Spiegel- Auslandsreporterin Susanne Koelbl. Deren E-Mail-Verkehr mit einem afghanischen Politiker wurde fast sechs Monate lang mitgelesen.

Bislang lachen die Geheimen nur über die Kontrolleure - die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Pullach bei München. (Foto: Foto: AP)

Davor hatte sich der BND schon beim Reporter der Berliner Zeitung Andreas Förster entschuldigen müssen. Auf ihn war ein Spitzel angesetzt worden. Und im Jahr 2006 gab's die Entschuldigungen sogar im Dutzend: Da waren gleich mehrere Journalisten abgepasst und abgeschöpft worden.

Noch jedesmal hat der Nachrichtendienst bisher Besserung gelobt. Doch in Wirklichkeit sind diese Versprechen nicht viel wert: Der Reporter der Berliner Zeitung musste sich Auskunft über die Informationen, die der BND unrechtmäßig über ihn sammelte, erst vor Gericht erkämpfen, und auch dann rückte der Dienst nur lückenhafte Informationen heraus.

Die Spiegel-Korrespondentin erfuhr erst eineinhalb Jahre nach der Abhöraktion von dem Eingriff in die Pressefreiheit. Und offenbar informierte der BND auch nicht freiwillig, sondern weil anonyme Hinweise über die Aktion in die Öffentlichkeit gelangten. Erst das hat den BND offenbar dazu getrieben, die Journalistin zu informieren.

Eines ist nach all dem klar: Die Selbstheilungskräfte wirken in dieser Organisation nicht. Dort gehört Geheimniskrämerei zur Corporate Identity. Das Abhören von Journalisten gilt als lässliche Sünde, keiner Aufregung wert. Der BND reagiert nur auf Druck. Es ist höchste Zeit, die Kontrolle über ihn endlich zu reformieren. Bisher lachen die Geheimen nur über die Kontrolleure. Oder sie entschuldigen sich halt mal wieder.

© SZ vom 22.04.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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