Berliner Raser:Richter heben Mordurteil auf

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Der Bundesgerichtshof sieht den Vorwurf des Vorsatzes durch die untere Instanz nicht ausreichend belegt.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Bundesgerichtshof hat das spektakuläre Mordurteil gegen zwei Raser aufgehoben, die bei einem illegalen Autorennen in Berlin einen Autofahrer zu Tode gefahren hatten. Laut Landgericht Berlin haben die beiden jungen Männer den Menschen vorsätzlich getötet. Doch dies sei von den eigenen Feststellungen des Gerichts nicht getragen, argumentierte der BGH. Zugleich aber stellte die Senatsvorsitzende Beate Sost-Scheible klar, dass damit keine generelle Aussage darüber verbunden sei, ob bei rücksichtslosen Raserfahrten Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Spiel sei. Ein solcher Unfall könne in Einzelfällen ein vorsätzliches Tötungsdelikt und möglicherweise ein Mord sein, in anderen Fällen nur fahrlässige Tötung. Eine übergreifende rechtliche Beurteilung sei nicht möglich, sagte Sost-Scheible bei der Urteilsverkündung.

Die beiden Angeklagten, damals 24 und 26 Jahre alt, waren vor zwei Jahren bei einem spontan verabredeten Rennen mit 160 Kilometern in der Stunde durch das nächtliche Berlin gejagt und hatten dabei mehrere rote Ampeln missachtet. Am Ende prallte einer von ihnen mit großer Wucht in ein anderes Auto, das ordnungsgemäß bei Grün losgefahren war. Der Fahrer, ein Familienvater, starb noch am Unfallort. Der BGH ordnete nun eine Neuauflage des Prozesses an. Unter anderem habe das Landgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass die Teilnehmer an einem solchen Rennen auch sich selbst in große Gefahr bringen - was einen Tötungsvorsatz fragwürdig erscheinen lässt und eher dafür sprechen könnte, dass sie auf einen guten Ausgang ihrer halsbrecherischen Fahrt vertraut haben. Das Landgericht habe unterstellt, sie hätten sich in ihren Autos sicher wie in einem "Panzer" gefühlt. So pauschal könne man dies aber nach Ansicht des BGH nicht annehmen.

Mit diesem Urteil dürften Verurteilungen von Rasern wegen Mordes schwieriger werden - ausgeschlossen sind sie aber nicht, wie ein weiteres BGH-Urteil zeigt, das ebenfalls an diesem Donnerstag verkündet wurde. In einem Frankfurter Fall hob der BGH eine dreijährige Jugendstrafe wegen fahrlässiger Tötung auf. Dort kommt nun womöglich Vorsatz in Betracht, auch wenn der Ausgang einer neuen Verhandlung nach den Worten der Vorsitzenden völlig offen ist. Ein junger Mann war mit mehr als 140 Stundenkilometern in Frankfurt Richtung Stadtmitte gerast; erlaubt waren 70 Stundenkilometer. Als eine Ampel auf Rot schaltete, versuchte er, die Kreuzung doch noch zu überqueren und knallte dabei ungebremst in einen abbiegenden Wagen. Dessen Fahrer starb noch an der Unfallstelle.

In einem dritten Fall bestätigte der BGH die Verurteilung eines Motorradfahrers zu zwei Jahren und neun Monaten Haft wegen fahrlässiger Tötung. Der notorische Raser war im Juni 2016 mit bis zu 150 Stundenkilometern im Bremer Stadtgebiet unterwegs und erfasste einen 75-jährigen Passanten, der bei Rot über die Fußgängerampel ging. Der Rentner überlebte den Aufprall nicht, auch der Raser wurde erheblich verletzt.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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