Berliner CDU:Modern soll sie sein

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Die Wahlverlierer in der Hauptstadt versuchen sich an einem Neuanfang als Oppositionspartei. Die Hauptrolle soll dabei eine Frau spielen, die gegen das biedere Image ankämpft: Monika Grütters.

Von Jens Schneider, Berlin

In der Berliner Politik gibt es eine Art Frage-Spiel, mit dem der noch amtierende Innensenator Frank Henkel verspottet wird. Zu gern rätseln Beobachter, politische Gegner und Parteifreunde: Was macht eigentlich Henkel? So war das schon vor der Abgeordnetenhauswahl im September, als der CDU-Spitzenkandidat den Wahlkampf eher im Verborgenen führte. Seine CDU kassierte 17,6 Prozent, ein historisch schlechtes Ergebnis. Nun steht ihr Abschied aus dem Senat bevor, kommende Woche soll die rot-rot-grüne Regierung ins Amt eingeführt werden. Was die CDU angeht, wird spekuliert, was sie mit Henkel vorhat, der für sie einst das Rote Rathaus erobern sollte.

Seit diesem Freitag jedenfalls stehen die Zeichen auf Neuanfang. Bei einem Kleinen Parteitag in Prenzlauer Berg wurde Monika Grütters zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Grütters stellte sich den Delegierten als "bodenständige Bürgerliche" vor. "Vor Ihnen steht eine weltoffene Heimatverbundene", sagte sie. Man müsse in Berlin nicht die Vielfalt, sondern die Einfalt mancher Menschen fürchten. Damit wirkt sie wie ein Gegenmodell zum biederen Vorgänger. Grütters genießt als Kulturstaatsministerin über Berlin hinaus Ansehen. Die Kunsthistorikerin betreibt Kulturpolitik mit Leidenschaft, gilt als liberal und vernetzt in der Bundespolitik, mit gutem Draht zur Kanzlerin. Man könnte meinen, dass so eine Frau es in der von Männern dominierten Berliner CDU schwer hat. Anderseits hat Grütters den Vorteil, dass ja nicht sie nach diesem Posten drängte, sondern das Amt gewissermaßen zu ihr kam. In der an Talenten armen Berliner CDU soll sie das unerfüllte Versprechen einlösen, dass diese eine moderne Großstadtpartei sein kann. Die 54-Jährige zeigte schon vor ihrer Wahl, dass sie die gute Startposition zu nutzen versteht. Kaum nominiert, räumte sie den Bundestagsabgeordneten Kai Wegner als Generalsekretär ab. An seiner Stelle sollte der 37-Jährige Landespolitiker Stefan Evers gewählt werden, fiel jedoch im ersten Wahlgang durch. Im zweiten klappte es knapp. Evers kommt aus dem Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf, wo die CDU im Bürgertum noch verwurzelt ist.

Er bringt die nötige Anbindung an die Tiefen der Berliner Politik. "Ich halte es für zwingend erforderlich, diese Position mit einer in der Landespolitik verankerten Persönlichkeit zu besetzen, wenn der Parteivorsitz künftig bei einer Bundespolitikerin liegt", sagte Grütters. Mit einer großen AfD-Fraktion als Konkurrenz muss die CDU als Oppositionspartei unter dem betulichen Fraktionschef Florian Graf noch ihre Rolle finden. Und Frank Henkel? Er wäre wohl gern Vize-Präsident des Landesparlaments geworden, musste aber zurückstecken.

Auch eine Kandidatur für den Bundestag ist eine Option, aber die Plätze sind knapp, einen sicheren Listenplatz wollen die Parteifreunde ihm nicht zusagen.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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