Benedikt XVI. in Israel:Der Papst auf heiklem Terrain

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Seine Mitgliedschaft in der Hitlerjugend, die Rehabilitierung des Antisemiten Williamson und dessen Pius-Bruderschaft: Papst Benedikt XVI. stößt in Israel auf Vorbehalte - und muss diese bei seiner Reise mit klaren Sätzen zum Holocaust und zum Antisemitismus entkräften.

T. Schmitz, Tel Aviv

Christliche Pilger gehören zu den treuesten Besuchern Israels. Sie stellen die Mehrheit der rund drei Millionen Menschen, die jedes Jahr nach Israel reisen. Allein aus diesem Grund schon hat sich Israel entschieden, den derzeit prominentesten Pilger, Papst Benedikt XVI., zu umarmen.

(Foto: Foto: Reuters)

Doch eine Euphorie, wie sie die Visite seines Vorgängers Johannes Paul II. im Jahr 2000 auslöste, war zum Auftakt des Besuchs - noch? - nicht auszumachen. Nur 10.000 Papst-Pilger sind nach Israel gereist, bei Johannes Paul II. waren es mehr als viermal so viele.

Dem früheren Theologie-Professor Joseph Ratzinger fallen theoretische Analysen leichter, mitreißende Reden sind nicht seine Stärke. Gerade Israel aber erwartet von Benedikt XVI. klare Aussagen auch zur Gegenwart, in der Juden weltweit und Israel im Besonderen Gefahren ausgesetzt sind.

Der Papst bewegt sich in Israel auf heiklem Terrain. Jedes seiner Worte während der Pilgerreise wird unter die Lupe genommen. Auf Schritt und Tritt wird er gemessen an seinem Vorgänger, der - in einer Botschaft an der Klagemauer - um Vergebung gebeten hatte für das Leid, das Christen den Juden angetan haben.

Viele nehmen es Benedikt XVI. übel, dass er den Antisemiten Richard Williamson und dessen Pius-Bruderschaft rehabilitiert hat. Auch die Mitgliedschaft Joseph Ratzingers in der Hitlerjugend wird in allen Berichten und Kommentaren erwähnt.

Es ist deshalb kein Zufall, dass einer der ersten Programmpunkte den Papst am Montag in die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem führt. Hier schrieb der israelische Gastgeber das Programm. Vom Papst verlangt man klare Worte zum Holocaust, zum Antisemitismus und, gerade auch nach Israels jüngstem Krieg im Gaza-Streifen, gegen zunehmenden Anti-Israelismus.

Feindschaft gegenüber Juden ist inakzeptabel

So hat der ansonsten stets zurückhaltende Papst überraschend und ohne Verzug gleich nach der Landung in Tel Aviv diese klaren Worte geliefert und eine Art Wiedergutmachungsrede gehalten, mit der er auch den Williamson-Schatten abschütteln wollte. Er sprach davon, dass es nie wieder zu einer Tragödie wie dem Holocaust kommen dürfe und dass der Antisemitismus bekämpft werden müsse, denn die Feindschaft gegenüber Juden sei inakzeptabel.

Zur Schau gestellte Emotionalität, wie sie im Medienzeitalter populär ist, mag dem deutschen Papst fehlen. Aber er sagt die richtigen Worte am richtigen Ort, der Holocaust-Gedenkstätte - auch wenn er sich dort nur eine Stunde und nicht wie sein Vorgänger Johannes Paul II. fast einen halben Tag aufgehalten hat.

In Jad Vaschem wird Benedikt XVI. vom unendlichen Leid der Eltern sprechen, deren Kinder im Holocaust getötet wurden, aber auch davon, dass man wohl einen Menschen umbringen, nicht aber die Erinnerung an ihn auslöschen könne. Genau aus diesem Grund wurde die Gedenkstätte in Jerusalem ja errichtet: Um die Erinnerung an sechs Millionen getötete Juden wachzuhalten.

© SZ vom 12.05.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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