Beamtenbund:Arbeit - für die anderen

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Früher trat die Gewerkschaft Debatten los über die Frage, wie ein Staat zu organisieren sei. Bei seiner Jahrestagung beschränkt sich der Beamtenbund wieder aufs Fordern. Und nur einmal klatschen die Zuhörer.

Von Detlef Esslinger, Köln

Die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen berichtet, wie sie 50 Stellen geschaffen hat, obwohl ihr Etat das eigentlich nicht hergibt. Der Minister aus Baden-Württemberg erklärt sehr präzise, wie sein Land nur diejenigen Flüchtlinge überhaupt noch an die Kommunen weiterleitet, die eine gewisse Perspektive in Deutschland haben. Der Mann von der Bundesagentur für Arbeit (BA) skizziert, wie man Flüchtlinge in Jobs bringen könnte, auch wenn sie keine Berufsausbildung nach deutschem Standard haben.

Der Vertreter des Beamtenbunds hingegen verzichtet darauf zu erörtern, was vielleicht ginge. Er sagt, was alles nicht geht.

Was ist den Zuhörern Beifall wert? Eine Äußerung zu ihrer Besoldung. Sonst nichts

Bei der Jahrestagung der Organisation in Köln drängt sich diesmal der Eindruck auf: Sie ist dabei, ihren Kurs zu ändern. In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten hatte der Beamtenbund auch deshalb an Renommee und Einfluss gewonnen, weil sich seine Spitzenvertreter nicht nur wie typische Gewerkschafter verhielten, die immer nur fordern und fordern. Sondern sie zeigten auch Kreativität in den Debatten, wie ein Staat zu organisieren ist, damit er effizient bleibt; sie traten solche Debatten sogar los. Davon ist diesmal wenig zu erleben. Diesmal gibt es Sätze, die alle Verantwortung delegieren und noch dazu sagenhaft abstrakt sind - wie den des Vize-Vorsitzenden Willi Russ: "Der Gesetzgeber ist auf allen Ebenen dringend aufgefordert, Verwaltungshandeln zu optimieren." Oder es gibt den weiteren Vize, Ulrich Silberbach, der eben nun neben Detlef Scheele, dem Vorstand der BA, sitzt, und entschlossen ist, ausschließlich gewerkschaftliches Kleinklein zu bieten. Scheele sagte gerade, wie man mit Praktikum, Tests und Deutschkurs nach drei bis fünf Monaten feststellen könne, was für Qualifikationen ein Flüchtling hat. Er sagte weiter, dass auch bei deutschen Bewerbern für den öffentlichen Dienst nicht der einmal erlernte Beruf mehr das alleinige Kriterium für die Laufbahn sein werde. "Das ist aus und vorbei. Auf Personalentwicklung kommt es an." Wenn auch wegen der Flüchtlinge mehr Erzieher gebraucht würden - gerne auch mal ein gelernter Tischler.

Darauf könnte Silberhorn nun eingehen. Er könnte Vorstellungen entwickeln, was daran realistisch ist und was nicht; welche Tätigkeiten welche formale Qualifikation weiterhin brauchen. Aber nichts dergleichen. Stattdessen sagt Silberhorn, "Hilfssheriffs" - die nirgendwo zur Debatte stehen - könne keiner gebrauchen. Er wirft dem Staat vor, "seit 1991" eine Million Stellen abgebaut zu haben, seinen Kollegen nicht genug Wertschätzung zu zeigen und sie in vielen Bundesländern zu schlecht zu bezahlen. Bei letzterem klatschen die Zuhörer; übrigens das einzige Mal während der Diskussion. Willi Russ, der Tagungsleiter, sagt später, zur Verabschiedung: "Die Politik hat einiges aufzuarbeiten." Na klar, nur die.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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