Bamf:Blamage fürs Amt

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Vor dem Arbeitsgericht Freiburg gewinnt ein Mitglied des Gesamtpersonalrats gegen das Bamf. Weder dessen Abmahnung noch Umsetzung seien vertretbar gewesen. Und die Anwälte der Behörde liefern eine schwache Vorstellung ab.

Von Bernd Kastner, Freiburg

Der Richter vermag sein Grinsen kaum zu unterdrücken. Vor ihm im Arbeitsgericht Freiburg sitzen und streiten: Paul Müller, Vize-Chef des Gesamtpersonalrats in Deutschlands umstrittenster Behörde, dem Asylbundesamt (Bamf); und zwei Vertreter der Amtsleitung. Die Verhandlung am Mittwoch gleicht einem Bühnenstück, bisweilen gar einer Komödie, in der die Vertreter des Bamf teils gar nicht so recht wissen, worüber genau sie gerade reden. Und so endet die Aufführung als Blamage für die Spitze des Amtes.

Der Streit hatte sich an einer internen Mail entzündet. Darin kritisierte Personalrat Müller eine Weisung: Entscheider sollten selbst nicht entscheidungsreife Asylakten an einen virtuellen Marktplatz abgeben, auf dass sie ein anderer Kollege irgendwo in Deutschland weiter bearbeite. An Müller hatten sich Kollegen gewandt und ihren Ärger ventiliert, Müller, bekannt für seine scharfen Worte, transportierte den Unmut an Jutta Cordt, die Präsidentin.

Das hatte Konsequenzen für den Juristen, der seit 25 Jahren als Entscheider arbeitet: Er wurde von Freiburg nach Karlsruhe umgesetzt und sollte sich fortan als Regionalkoordinator um Integration kümmern; zudem wurde er abgemahnt, weil seine Mail diffamierend sei gegenüber Cordt. Müller hatte die Akten-Weisung unter anderem als "sinnwidrig" bezeichnet, sie konterkariere die angestrebte Einheit von Anhörer und Entscheider.

"Zu den Einzelheiten des Dienstpostens vermag ich keine Angaben zu machen."

In der Güteverhandlung im April war es die damalige Bamf-Anwältin, die im Namen der Zentrale einen Vergleich vorschlug. Müller stimmte zu, Abmahnung und Umsetzung wären vom Tisch gewesen. Später aber widerrief die Bamf-Zentrale den selbst vorgeschlagenen Vergleich und suchte sich einen neuen Anwalt. Der Richter in Freiburg bat daraufhin darum, entscheidungsbefugte und informierte Vertreter zu entsenden, eine Spitze gegen das Bamf, doch wirklich kundig wirken sie nicht immer. Als der Richter eine Basis des Streits klären will, was nämlich die Müller zugedachte Aufgabe sei, sagt der Bamf-Anwalt: "Da muss ich passen. Zu den Einzelheiten des Dienstpostens vermag ich keine Angaben zu machen." Die Amtsjustiziarin versucht es so: "Soweit ich weiß" gehe es darum, die Träger der Integrationskurse zu prüfen. Wie viel der Herr Müller denn dabei reisen muss? "Das kann ich Ihnen leider nicht sagen." Die Lösung lautet: Müller müsste viel reisen, weil er in ganz Baden die Integrationskurse koordinieren würde zwischen Migranten, Anbietern und Bamf. Es ist eine wichtige Aufgabe, und es fehlt Personal, wie der Bamf-Anwalt feststellte.

Umso bemerkenswerter ist, dass das Amt ausgerechnet Müller diese Aufgabe aufdrücken will: Er steht kurz vor der Rente und war zum Zeitpunkt der Umsetzung schon zu 50 Prozent freigestellt als Personalrat (inzwischen zu 100 Prozent). Wie hätte er diese wichtige Aufgabe erfüllen sollen? Tatsächlich wirken Abmahnung, Umsetzung und Prozess wie ein Machtkampf zwischen Amtsleitung und Mitarbeitervertretung. Das Gericht hat nach der Aufführung in Freiburg dem Personalrat Müller recht gegeben: Seine Kritik sei zu tolerieren, sie rechtfertige weder Abmahnung noch Umsetzung.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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