Bamf-Affäre:"Ärgerlicher Fehler"

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Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius wehrt sich gegen den Vorwurf der Vertuschung. Berichten zufolge wusste er seit Juni 2017 Bescheid über die Betrugsvorwürfe in Bremen. Auf eine Mail reagierte er nicht, weil er im Kurzurlaub war.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius war am Sonntag damit beschäftigt, einen Vertuschungsvorwurf aus der Welt zu schaffen. Ein Bericht der Bild am Sonntag störte seine Wochenendruhe. Das Blatt berichtete, Pistorius habe schon im Juni 2017 davon gewusst, in der Bremer Filiale des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) würden Asylanträge zu Unrecht genehmigt. Das passte schlecht zu dem Umstand, dass Pistorius zuletzt dem von Horst Seehofer (CSU) geführten Bundesinnenministerium Nachlässigkeit in der Bamf-Affäre vorgehalten hatte. Pistorius räumte einen "ärgerlichen Fehler in meinem Büro" ein.

Den Vorwurf aber nannte er "absurd". Schon im September 2016 habe er mutmaßliche Unregelmäßigkeiten in der Bremer Bamf-Außenstelle angezeigt. Damals hatte er sich in einem Brief an den damaligen Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise darüber beschwert, dass die Bremer Außenstelle eine geplante Abschiebung aus Niedersachsen abgebrochen hatte. Im Juli 2017 verlor die Bremer Bamf-Leiterin ihren Job. Pistorius geht davon aus, dass sein Brief dazu beigetragen habe, dass die Bamf-Zentrale in Nürnberg auf die Causa Bremen aufmerksam wurde.

Die E-Mail sei übersehen worden. Von wem? Das könne er nicht mehr feststellen, sagt der Minister

Der Vertuschungsvorwurf gegen Pistorius leitet sich aus einem Chat-Verkehr vom Juni 2017 ab, den die Bild am Sonntag veröffentlichte. Darin informiert ein Bamf-Mitarbeiter die damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier über die Missstände. Aus dem Chat-Verlauf geht hervor, dass Engelmeier Pistorius davon erzählte und dieser darum bat, ihm die Vorwürfe schriftlich zukommen zu lassen.

Boris Pistorius bestätigt, dass Michaela Engelmeier ihn beim SPD-Parteitag "in aller Kürze" über die Klage des Bamf-Mitarbeiters informierte. Und dass die gewünschte E-Mail ihn tatsächlich erreichte. "Aber ich war für drei, vier Tage in einem Kurzurlaub und habe sie deshalb wie immer in solchen Fällen an mein Büro weitergeleitet, damit sie nicht vergessen wird", sagt Pistorius. Dort wurde sie dann offensichtlich übersehen. Von wem? Das könne er nicht mehr feststellen, weil E-Mails turnusmäßig gelöscht werden, sagt Pistorius. "Ich werde mit meinem Büro über Abläufe sprechen."

Pistorius ärgert sich über den Vorgang. Und zwar nicht nur, weil die Schlagzeilen vom Sonntag allen in der Union gefallen könnten, die er vorher wegen ihrer Sicherheitspolitik kritisiert hatte. Er ärgert sich auch deshalb darüber, weil er den Stoff damals gut hätte gebrauchen können als Mitglied im Innenpolitik-Team des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. "Das wäre eine willkommene Wahlkampfmunition gewesen", sagt Pistorius.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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