Ausweisung:Und das Strafrecht, das hat Zähne...

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...doch die Zähne zeigt es nicht. Das ist ein Fehler, der sich schnell ändern lässt. Mehr U-Haft und mehr beschleunigte Verfahren. Das neue Ausweisungsrecht gegen Ausländer dagegen kostet nichts und bringt nichts.

Von Heribert Prantl

Das Bundeskabinett hat eine Verschärfung des Ausweisungsrechts beschlossen. Das könnte eine erfreuliche Nachricht sein, wenn das beschlossene Gesetz dazu beitrüge, kriminelle Ausländer abzuschrecken. Wenn das so wäre, dann wäre das zugleich ein Schutz für die vielen Flüchtlinge, die unbescholten in Deutschland leben. Die haben es, so Bundesjustizminister Heiko Maas, "nicht verdient, mit den Kriminellen in einen Topf geworfen zu werden". Das ist sehr richtig. Aber das geplante Ausweisungsverschärfungsgesetz trägt nichts dazu bei; es ist ein "Machen-wir-schnell-mal-was"-Gesetz. Es kostet nichts, es bringt nichts.

Es reagiert auf die Kölner Silvester-Ausschreitungen. Es fügt in das soeben erst präzisierte Ausweisungsrecht ein paar Pauschalisierungen ein (Ausweisung auch bei Bewährungsstrafen), die aber nicht dazu führen, dass mehr Täter abgeschoben werden können. Das geplante Gesetz bringt nur das zum 1. Januar 2016 schon grundlegend geänderte Ausweisungsrecht wieder durcheinander. Man kann ein Rechtssystem nicht alle paar Wochen ändern. Das schafft nicht Klarheit, sondern Konfusion; das weckt Erwartungen, die nicht erfüllt werden: Abschiebungshindernisse, die aus rechtlichen oder faktischen Gründen bestehen, fallen nicht weg, wenn man an Ausweisungsparagrafen herumbastelt.

...doch die Zähne zeigt es nicht. Das ist ein Fehler.

Das verschärfte Ausweisungsrecht soll offenbar abschrecken. Das tut es nicht, weil eine "Ausweisung" nur ein papierener Akt ist; die Ausweisung kratzt keinen Täter. Eine schnelle und markante Bestrafung wirkt da ganz anders; sie kann auch Grundlage für die Abschiebung sein. Das Schöffengericht am Amtsgericht Heidelberg hat jüngst einen Seriendieb aus Tunesien, der in einem Flüchtlingsheim lebt, zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Das geht; das ist richtig. Das geltende Recht hat mehr Zähne, als man landläufig meint. Diese Zähne müssten viel schneller gezeigt werden, als das landläufig getan wird; die Möglichkeiten zum beschleunigten Strafverfahren gibt es ja längst: Urteil ein paar Tage nach dem Diebstahl, Haft ohne Bewährung! Das wirkt. Aber das funktioniert oft nur in der Theorie, weil in der Praxis für diese Verfahren die Richter fehlen. Die Justiz arbeitet mit maximal achtzig Prozent des benötigten Personalbedarfs.

Von Personalengpässen in der Polizei wird seit Köln viel geredet; von Personalengpässen in der Justiz nicht. Das ist nicht gut. Das Instrumentarium, um auf die Taten à la Köln effektiv zu reagieren, ist da; es gibt zu wenig Leute, um die Instrumente virtuos zu handhaben.

Beispiel Untersuchungshaft: Sie ist die schnellste Reaktion auf die kriminelle Tat - bei Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. Beide Haftgründe kommen regelmäßig bei Ausländern ohne Daueraufenthaltsrecht in Betracht. Das geht nach geltendem Recht, das kann man, muss man aber nicht ausdrücklich ins Gesetz schreiben. Beim Thema U-Haft erhält auch das Ausweisungsrecht seine Schärfe: Mit der Ausweisung erlöschen alle Aufenthaltstitel des Ausländers. Das heißt: Die Basis für den Aufenthalt in Deutschland ist dann so dünn, dass die Person bei einer Straftat sofort in U-Haft genommen werden kann. "U-Haft schafft Rechtskraft": Das ist ein Spruch, der in der Justiz kursiert, den man dort nicht gern laut sagt. Er sagt aber etwas aus über die Kraft der U-Haft.

Schnelles Recht schafft Sicherheit: Strafjustiz, Polizei und Staatsanwaltschaften müssen schneller werden. Erstens: mehr U-Haft. Zweitens: mehr Schnellverfahren. Drittens: über die Ausweisung krimineller Flüchtlinge künftig schon im Strafverfahren entscheiden; das Verwaltungsverfahren, das heute erst nach dem Strafprozess stattfindet, sollte dort eingegliedert werden. Letzteres muss gesetzgeberisch geregelt werden. Alles andere: sofort.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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