Ausländerfeindlichkeit:Ausstand der Zuständigen

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Wenige Wochen vor dem größten Sportereignis in Deutschland seit Jahrzehnten werfen Übergriffe auf Ausländer Schatten auf die Fußball-WM. Die Politiker verlieren sich in abseitigen Debatten. Am besten können die Deutschen selbst ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen.

Bernd Oswald

In 18 Tagen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. Dann ist die Welt zu Gast in Deutschland. Sie wird auch zu Gast bei Freunden sein. Schon lange gab es keine so große, alle Bevölkerungsschichten erreichende Woge der Begeisterung mehr in diesem Land.

Leider gab es in den vergangenen Wochen und Monaten vereinzelte Wellenbrecher, die jüngsten haben ausländerfeindlichen Hintergrund. Diese Vorfälle nahmen ein ehemaliger Regierungssprecher und der Afrika-Rat zum Anlass zu der Empfehlung, dunkelhäutige WM-Fans sollten doch bestimmte Teile Ostdeutschlands meiden.

Reflexartig befürchten die ersten Politiker, das gastfreundliche Image Deutschlands könne daran Schaden nehmen. Natürlich werden Hunderttausende ausländische Fans nach Deutschland kommen und ein Milliardenpublikum wird das Weltturnier von zu Hause aus verfolgen. Es gibt also die Gefahr eines massiven politischen Flurschadens für Gastgeber Deutschland.

Trotzdem ist es traurig, dass sich die Politik offenbar mehr um Deutschlands Image im Ausland als um ein handfestes gesellschaftliches Problem sorgt. Seit Jahren gibt es immer wieder Fälle von Fremdenfeindlichkeit - vor allem im Osten Deutschlands.

Noch trauriger ist es, wenn es erst eines sportlichen Großereignisses bedarf, um den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Wie ratlos die Politiker noch immer sind, zeigt der Verlauf der jüngsten Diskussion: Es wird nicht darüber debattiert, welche konkreten Maßnahmen zu ergreifen sind, sondern darüber, ob es richtig oder falsch ist, "No-Go-Areas" zu benennen.

Natürlich kann man Ausländerfeindlichkeit nicht wegdekretieren. Law-and-order-Parolen, schärfere Gesetze oder der Ruf nach Erwachsenenstrafrecht für jugendliche Täter helfen überhaupt nicht weiter. Vor allem Eltern und Schulen sind gefragt, Kinder zu verantwortungsbewussten, toleranten Menschen zu erziehen, die mit Konflikten und Frustrationen umgehen können, ohne gleich gewalttätig zu werden.

Während die Politik also über ostdeutsche Tabuzonen streitet, haben es die Deutschen und speziell die Fußball-Fans unter ihnen selbst in der Hand, Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Indem sie selbst Gastfreundlichkeit praktizieren und in ihren Wohnungen ausländische WM-Fans beherbergen. Oder aber in den zwölf Stadien, die eine exzellente Gelegenheit bieten, sich zahlreich für Toleranz und gegen Rassismus auszusprechen. Das würde die Welt auch viel eher bemerken als mahnende und letztlich doch folgenlose Politikerworte.

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