Aus der MSN-Encarta:Labour Party

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Sozialistische bzw. sozialdemokratische politische Partei in Großbritannien, die in ihrer heutigen Form auf das Jahr 1906 zurückgeht.

Die Gründungsgeschichte der Labour Party begann am 27. Februar 1900, als auf Betreiben des Trades Union Congress, der Dachorganisation der Gewerkschaften, in Plymouth das Labour Representation Committee (LRC) gegründet wurde. Zu den Gründern des LRC gehörten vor allem Gewerkschaftsvertreter, aber auch Vertreter der Fabian Society, der 1893 gegründeten Independent Labour Party und anderer sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Gruppierungen. Erster Parteisekretär wurde Ramsay MacDonald. Ziel des LRC war es in erster Linie, den Gewerkschaften und der Arbeiterschaft zu einer Vertretung im Parlament zu verhelfen. 1906 benannte sich das LRC in Labour Party um.

Gallionsfigur von New Labour - Tony Blair. (Foto: Foto: AFP)

Innerhalb weniger Jahre konnte das LRC bzw. die Labour Party die Anzahl ihrer Vertreter im britischen Unterhaus deutlich erhöhen: von zwei im Jahr 1900 auf 40 im Jahr 1910. Dies verdankte sie vor allem ihrer Zusammenarbeit mit der Liberalen Partei, die jedoch nach 1910 kontinuierlich zurückging, nachdem sich die Arbeiterschaft zunehmend von der Liberalen Partei ab- und der Labour Party zugewandt hatte. Mit ihrem Grundsatzprogramm Labour and the new social order von 1918 trennte sie sich programmatisch endgültig von den Liberalen.

Während des 1. Weltkrieges wurde die Labour Party erstmals an der Regierungsverantwortung beteiligt: Von 1915 bis 1918 gehörte sie den Koalitionskabinetten unter Herbert H. Asquith und David Lloyd George an. Die Entwicklung der Labour Party zu einer Massenpartei in den zwanziger Jahren manifestierte sich in den Wahlergebnissen: 1923 gewann sie 191 Unterhaussitze und 1929 wurde sie mit 287 Sitzen erstmals stärkste Fraktion. Von Januar bis November 1924 und von 1929 bis 1931 stellte sie jeweils die Regierung, und zwar Minderheitsregierungen unter Ramsay MacDonald.

Popularitätsverluste

Die Umwandlung der Minderheitsregierung in eine Allparteienregierung vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise 1931 hatte eine vernichtende Wahlniederlage sowie ideologische Differenzen innerhalb der Partei zur Folge. Von 1931 bis 1940 stand die Labour Party in der Opposition zur regierenden Konservativen Partei, ab 1935 unter ihrem neuen Parteivorsitzenden Clement Attlee. Während des 2. Weltkrieges war sie von 1940 bis 1945 erneut an der Regierung beteiligt und spielte in dem Allparteien-Kriegskabinett unter Winston Churchill eine wichtige Rolle.

Im Mai 1945 errang die Labour Party einen bemerkenswerten Wahlsieg und stellte bis 1951 eine Mehrheitsregierung mit Attlee als Premierminister. Die neue Labour-Regierung setzte sofort ein breit angelegtes Programm sozialer und wirtschaftlicher Reformen um: Schlüsselindustrien wurden verstaatlicht, ein umfangreiches Sozialversicherungsprogramm sowie der unentgeltliche staatliche Gesundheitsdienst wurden verwirklicht.

Nach den Wahlen vom Februar 1950 verfügte die Labour-Regierung nur noch über eine Mehrheit von zehn Sitzen; die Bildung eines linken Flügels innerhalb der Partei schwächte die hauchdünne Labour-Mehrheit im Parlament zusätzlich. Die Partei verlor zunehmend an Popularität, und aus den Wahlen vom Oktober 1951 gingen schließlich die Konservativen mit einer knappen Mehrheit hervor.

Rigorose Finanzpolitik

Nach Attlees Rücktritt vom Parteivorsitz übernahm 1955 Hugh Todd Gaitskell die Führung des Partei; nach dessen Tod 1963 wurde Harold Wilson Parteivorsitzender. Unter Wilson gewann die Labour Party die Wahlen vom Oktober 1964 mit einer Mehrheit von vier Sitzen, 1966 konnte sie diese Mehrheit auf 97 Sitze ausbauen und stellte dementsprechend von 1964 bis 1970 die Regierung. Ab 1970 war sie in der Opposition, bis sie im Oktober 1974 nach einem knappen Wahlsieg erneut die Regierungsverantwortung übernehmen konnte.

Im April 1976 trat Wilson als Parteiführer und Premierminister zurück; sein Nachfolger in beiden Ämtern wurde James Callaghan. Die Labour-Regierung unter Callaghan, der mit seiner rigorosen Finanzpolitik wiederholt in Konflikt vor allem mit den Gewerkschaften geriet, hielt bis Mai 1979; dann verlor sie eine Vertrauensabstimmung und die darauf folgenden Neuwahlen. In der Folge stellte die Labour Party bis 1997 die Opposition zur konservativen Regierung unter Margaret Thatcher bzw. John Major.

1980 gab Callaghan sein Amt als Parteichef auf. Sein Nachfolger wurde Michael Foot, ein führender Vertreter des linken Flügels der Partei. 1981 beschloss der Parteitag ein neues Wahlverfahren für das Amt des Parteichefs, das den Gewerkschaften die entscheidende Rolle zugestand; außerdem sprach er sich auf Initiative des linken Flügels für einen sofortigen Austritt Großbritanniens aus den Europäischen Gemeinschaften (EG) und die einseitige nukleare Abrüstung Großbritanniens aus.

Spaltung

Diese Neuerungen hatten auf dem rechten Flügel die Abspaltung der Social Democratic Party, die sich jedoch 1990 wieder auflöste, und eine deutliche Schwächung der Partei zur Folge. Nach der verheerenden Niederlage der Labour Party im Juni 1983 trat Michael Foot zurück; neuer Parteichef wurde Neil Kinnock.

Ende der achtziger Jahre schien sich das Blatt zugunsten der Labour Party zu wenden, da sich innerhalb der konservativen Regierung die Spannungen zu häufen begannen; trotzdem musste Labour bei den Wahlen von 1987 erneut eine schwere Niederlage hinnehmen. 1989 definierte die Labour Party in ihrem Parteiprogramm ihre Ziele neu; sie bekannte sich nun eindeutig zu Europa und stieg wieder in der Gunst der Wähler.

Die Ablösung von Premierministerin Margaret Thatcher durch John Major im November 1990 stoppte dann allerdings den Aufwärtstrend der Labour Party. Nach der erneuten, allen Vorhersagen widersprechenden Niederlage der Labour Party bei den Wahlen von 1992 trat Kinnock als Parteichef zurück. Die folgenden zwei Jahre stand die Partei unter der Führung von John Smith; nach dessen Tod 1994 übernahm Tony Blair das Amt des Parteichefs und Oppositionsführers.

New Labour

Unter dem Schlagwort New Labour leitete Blair eine grundlegende Reform und Modernisierung der Partei ein: Er rückte die Partei von den Gewerkschaften ab und beschnitt den Einfluss der Gewerkschafter innerhalb der Partei, setzte in wirtschaftspolitischen Fragen eine Erneuerung des Parteiprogramms durch und öffnete durch diese und ähnliche Maßnahmen die Partei auch der politischen Mitte.

Bei den Unterhauswahlen am 1. Mai 1997 gelang der Labour Party unter Blair ein überwältigender Wahlsieg; Labour löste damit die Konservativen nach 18 Jahren an der Regierung ab und stellte erstmals seit 1979 wieder den Premierminister.

Die neue Labour-Regierung kündigte umfassende Reformen vor allem in den Bereichen Bildungswesen und Sozialpolitik an sowie ein stärkeres Engagement in der Europapolitik. Den ursprünglich für 1999 geplanten Beitritt zur Europäischen Währungsunion stellte sie jedoch vorerst zurück.

Ära Blair

Aus den Parlamentswahlen vom 7. Juni 2001 ging die Labour Party unter Tony Blair mit einem fast ebenso guten Ergebnis hervor wie 1997: Sie gewann 413 der insgesamt 659 Unterhaus-Mandate, sechs weniger als 1997, während sich die Konservativen mit 166 Sitzen begnügen mussten. Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Partei eine Labour-Regierung mit so großer Mehrheit wieder gewählt, dass sie auch eine zweite Legislaturperiode ungefährdet absolvieren konnte.

Die Parlamentswahlen vom 5. Mai 2005 bescherten der Labour Party einen historischen Erfolg, nämlich zum ersten Mal in ihrer Geschichte den dritten Wahlsieg in Folge. Allerdings verlor die Partei gegenüber den vorangegangenen Wahlen 57 Mandate, errang aber mit 356 der nun insgesamt 646 Mandate erneut die absolute Mehrheit.

In Bezug auf den Stimmenanteil lag sie mit 35,2 Prozent (minus 5,5 Prozent gegenüber 2001) der Stimmen jedoch deutlich weniger klar vor den Konservativen, die 32,3 Prozent (plus 0,6 Prozent), aber nur 197 Mandate erhalten hatten. Als zweiter Premierminister nach Margaret Thatcher und als erster Labour-Premierminister überhaupt wurde Blair zum dritten Mal in Folge in das Amt des Premierministers gewählt.

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