Aufruhr in Italien:"Furchtbare Spannungen"

Lesezeit: 1 min

Gewalt, Razzien und Ausweisungen: Nach dem tödlichen Überfall auf eine Passantin gehen die italienischen Behörden mit aller Härte gegen rumänische Einwanderer vor. Rechtsradikale nutzen die Situation aus - und schüren die Stimmung gegen Immigranten.

Julius Müller-Meiningen

Nach einem fremdenfeindlichen Überfall auf drei Rumänen in Rom hat die rumänische Regierung die italienischen Behörden aufgefordert, die Sicherheit ihrer Staatsbürger in Italien zu garantieren.

Razzia in Rom: Mehrere rumänische Staatsbürger wurden von der Polizei überprüft. (Foto: Foto: dpa)

Der rumänische Außenminister Adrian Cioroianu forderte am Wochenende Maßnahmen, um fremdenfeindliche Aktionen zu verhindern und die Täter zu bestrafen.

Am Freitagabend kurz vor Geschäftsschluss hatten zehn vermummte Täter, die die Polizei dem rechtsradikalen Spektrum zuordnet, vor einem Supermarkt in Rom drei Rumänen mit Stöcken und Messern angegriffen. Zwei der Männer wurden dabei schwer verletzt. In Rom begann die Polizei am Wochenende damit, Lager der Sinti und Roma zu räumen.

Politiker der Regierung von Italiens Ministerpräsident Romano Prodi sowie aus der Opposition verurteilten den Angriff. Prodi sprach von "furchtbaren Spannungen", Außenminister Massimo D'Alema versicherte, die Regierung werde alles tun, um die Kriminalität zu bekämpfen, seien es rassistische Übergriffe oder von Immigranten begangene Aggressionen.

Nachdem sich in Italien Überfälle durch rumänische Staatsangehörige sowie aus Rumänien nach Italien emigrierte Sinti und Roma gehäuft hatten, verabschiedete die Regierung vergangene Woche ein Dekret. Danach können EU-Bürger, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit betrachtet werden, von den Chefs der Polizeibehörden ausgewiesen werden. Die Opposition forderte schärfere Maßnahmen. "Es gibt Gruppen, die nicht in unsere Gesellschaft integrierbar sind", sagte der Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale und ehemalige Außenminister, Gianfranco Fini. Dazu gehörten auch Sinti und Roma.

38 Personen ausgewiesen

Seit Rumänien Anfang des Jahres Mitglied der EU ist, sieht sich Italien einer wachsenden Zahl von Immigranten gegenüber. Schätzungen zufolge leben heute 600.000 Rumänen in Italien. Ein 24-jähriger vorbestrafter Rumäne wird beschuldigt, am Dienstag eine 47-jährige Römerin überfallen und vergewaltigt zu haben, die inzwischen an den Folgen der Tat gestorben ist.

Seither hat sich das Klima gegenüber Rumänen zusätzlich aufgeheizt. Der Überfall vom Freitag wird von italienischen Zeitungen als Racheakt interpretiert. Rechtsradikale Kräfte wie die Gruppierung Forza Nuova nutzten die Situation aus, um die Stimmung gegen Immigranten zu schüren. Forza Nuova-Chef Roberto Fiore kündigte eine "Aktionswoche" an, um Sinti und Roma aus Italien zu vertreiben. Geplant waren Fackelmärsche und die Aufstellung von Bürgerwehren.

Unterdessen hat die Polizei begonnen, illegale Lager zu räumen. Nach Berichten der Zeitung La Repubblica wurden in Rom Baracken zerstört und Razzien in zwölf Nomadencamps durchgeführt. In ganz Italien seien Hunderte Sinti und Roma überprüft worden. 38 Personen seien des Landes verwiesen worden.

© SZ vom 5.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: